ARD-Hörspieldatenbank
Originalhörspiel
Straßenmann
Hörspiel nach frei bearbeiteten Motiven der gleichnamigen Novelle des Autors
Vorlage: Straßenmann (Novelle)
Bearbeitung (Wort): Hermann Kesser
Regie: Alfred Braun
Weitere auftretende Stimmen: Fünf Passanten; neun Treppenhausstimmen; die blasse Frau; fünf Stimmen aus einem Fenster; vier Frauenstimmen aus einem Fenster; die Kinder.
"Berlin, die Millionenstadt, tobt. Aus den Fieberstraßen löst sich die Gestalt eines abenteuerlichen Spekulanten. Rücksichtslos will sich der Agent Fritz Straßenmann zwischen verwickelten Wuchergeschäften und Lebenshindernissen zu Glück und Genuß aufschwingen. Schon ist das ersehnte Weib erobert. Durch ein nächtliches Liebesfest wird der Sieg des Geldes gefeiert, als Diebe über die Fassade in die Wohnung Straßenmanns einsteigen und die allmächtigen Banknoten entführen. Straßenmann, der Held von hundert dunklen Geschäften, taumelt haltlos dem Abgrund zu. Aus dem beispiellosen Fiasko steigt in leidenschaftlichen Zügen vor aller Öffentlichkeit das letzte wahre Gesicht des Hasardeurs wie der Inbegriff der skrupellosen Zeit in wahrer Menschlichkeit auf. Das Hörspiel beginnt mit der Stimme des erzählenden Autors und geht, vom Erzähler in der Art eines Chorführers immer begleitet, in Dialog und Massenszenen über." (N. N.: Der Deutsche Rundfunk, 8. Jg., Heft 12, 21.3.1930, S. 18)
"'Straßenmann', der Held eines Hörspiels von Hermann Kesser, ist das typisierte verallgemeinerte Gegenstück des 'Kaufmann von Berlin'. Straßenmann soll noch mehr symbolische Gestalt sein und trägt wenig individuelle Züge; während aber Mehring seinen Kaufmann an einem überpersönlichen Schicksal, dem jähen Abbruch der Inflation, scheitern läßt, unterliegt Kessers Held einer sehr individuellen Intrige, die wenig mit dem Zeitgeschehen zu tun hat: er wird bestohlen. Wenn solche Zufälligkeiten in überlebensgroßen Umrissen wie hier gezeigt sind, wirken sie unwahrscheinlich und schwer durchschaubar. Die Berliner Sendung hätte sich an die 'Visionen der Großstadtstraße halten können, die 'der Erzähler' in diesem Hörspiel wiedergibt: der Höhepunkt dieser Szenen, das Gegenteil der konventionellen City-Lyrik. Hier ist eine Gelegenheit für die akustische Regie, über naturalistische Imitationen hinauszugehen und aus der ununterbrochenen Szenenfolge ein packendes Bild zu schaffen, das die Mängel der Handlung überdeckt. Denn die Novelle ist ausgezeichnet zum Hörspiel umgeformt, und Kessers Intensität des Wortes zwingt fast zu einer Weiterführung in einer akustischen Symbolsprache. Alfred Braun übernahm eine der Hauptrollen, den Erzähler, die ihm unmöglich liegen konnte. Er übernahm ferner die Regie und verzichtete dabei auf jede Arbeit, die Phantasie und differenziertes Gehör erfordert. Übrigens wurden jetzt die beiden Autohupen, die bisher 'die' Großstadt des Berliner Senderaums repräsentierten, auf eine einzige reduziert. Es ist die mit dem tiefen Ton, und sie genügt auch". (-mer. (Felix Stiemer): Der Deutsche Rundfunk, 8. Jg., Heft 14, 4.4.1930, S. 66)