ARD-Hörspieldatenbank


Originalhörspiel



Herbert Schönlank

Der Tunnel von Goroje

Hörspiel in einem russischen D-Zuge



Regie: Carl Struve

In ein Abteil eines überfüllten D-Zuges, der gerade in der Station einer russischen Kleinstadt hält, drängt sich das Freundespaar Iwan und Wassili. Eben, als der Schaffner zum Einsteigen auffordert, kommt zum Verdruß der beiden noch eine Bäuerin mit Riesenkörben voll lebenden Geflügels, ihr folgen Granitza, eine reizende junge Dame, Pomak, der nach Fischen riecht und sich dick und feist ins Kupee zwängt, sowie die altjüngferliche Gestalt einer Lehrerin. Das Abteil ist zum Pfropfen voll. Der Zug fährt endlich und Iwan und Wassili beginnen, feurige Blicke auf die schöne Granitza zu werfen. Sie nehmen sie in Schutz, als der dicke Pomak, entgegen ihrer Erlaubnis, eine Zigarre rauchen will. Er bequemt sich aber auf den Gang hinauszutreten, um nicht zu stören mit dem Rauch seiner Brasil. Diesen Augenblick benutzt die Lehrerin, einer schrecklichen Vermutung Luft zu machen: sie glaubt in Pomak den von der Polizei gesuchten Raubmörder Woromitsch, der mit Vorliebe, wie erst wieder kürzlich, in D-Zügen seine Schandtaten vollbringt, zu erkennen. Alles ist bestürzt bis auf Granitza. Die Lehrerin, noch ganz entsetzt von ihrer eigenen Entdeckung, die die anderen glaubhaft finden, steigt an der nächsten Station aus dem Zug, weil sie es nicht übers Herz bringe, durch den Tunnel, der dann folge, in so unheimlicher Gesellschaft zu fahren. Man vermutet im Kupee nun, daß auch der vermeintliche Mörder von seiner Entdeckung Lunte gerochen und infolgedessen den Zug verlassen habe. Man ist dahr sehr erschrocken, als er kurz vor der Einfahrt des Zuges in den Tunnel ins Abteil zurückkommt. Zu allem Unglück brennt das Licht nicht, als der Tunnel erreicht ist. In der Dunkelheit ertönen plötzlich zwei Schüsse, Schreien; ein Wirrwarr entsteht; als es wieder hell wird, bietet sich den verblüfften Reisenden folgendes Bild: die Person, die als Bäuerin eingestiegen war, steht gefesselt, als Mann entdeckt, fluchend vor Wassili - sie ist der Raubmörder! Neben ihr entpuppen sich als Detektive Pomak und die Granitza! Iwan, der zuvor auf alles andere bei Granitza und Pomak und der Bäuerin geraten hätte, als auf solch gefährliche Berufe, ist perplex und rettet sich mit Wassili durch ein heiteres Lachen in die komische Seite, welche der Situation immerhin anhaftet. Der Zug hält auf einer Station und die verwegene Gesellschaft läßt die beiden wieder allein. (N. N.: Der Deutsche Rundfunk. 7. Jahrgang. Heft 16. 19.04.1929. S. 492.)

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Mitwirkende

Sprecher/SprecherinRolle/Funktion
Käte MannDie sogenannte Granitza, reizende Besitzerin eines klangvollen Soprans
Wladimir MartinelliIwan, junger Lebemann
Carl NitschkeWassili, junger Lebemann
Willy ReichertEine alte "Bäuerin"
Karl KarnerDer sogenannte Pomak, ein reicher Fischhändler
Thea Struve-JöhnssenEine arme Lehrerin
Fred HögerSchaffner


 


Hörspiel historisch (vor 1933) - © DRA/Hanni Forrer


PRODUKTIONS- UND SENDEDATEN

SÜRAG -Süddeutsche Rundfunk AG (Stuttgart) 1929

Erstsendung: 24.04.1929 | 21:15 Uhr


Livesendung ohne Aufzeichnung


Grundlage der Datenerhebung: Nachlass Karl Block (Hörspiele); Der Deutsche Rundfunk (Programmzeitschrift)


REZENSIONEN

  • [...] Weniger geeignet ist dagegen die Kriminalgroteske von Herbert Schönlank, "Der Tunnel von Goroje": Wirkungen durch Verkleidungstricks bleiben im Rundfunk immer matt, sie mögen noch so geschickt im Dialog verarbeitet sein. Der Hörer fühlt sich dupiert - statt überrascht. (Sti.: Der Deutsche Rundfunk. 7. Jahrgang. Heft 18. 03.05.1929. S.557.)

Darstellung: