Hörspielbearbeitung
Autor/Autorin:
Ugo Betti
Erdrutsch
Vorlage: Edrutsch (Schauspiel, italienisch)
Übersetzung: N. N.
Bearbeitung (Wort): Oswald Döpke
Regie: Carl Nagel
Weitere Mitwirkende
Sprecher/Sprecherin Rolle/Funktion Wolfgang Büttner Parsch, Gerichtsrat Hannes Krüger Goetz, Staatsanwalt Ernst Friedrich Lichtenecker Holland, Gerichtsschreiber Heinz Klevenow Riccardo Gaucker, Bauunternehmer Elfriede Huber Anna, seine Frau Eberhard von Gagern Anselmo Bert, Maschinenmeister Ernst Rottluff Manrico Giusepetti Trudik Daniel Beatrice Mosca Eleonore Noelle Giovanna Burke Erich Keddy Carmelo Agnello Gerd Martienzen Ein Herr Reinhold Lütjohann Gustavo Kurz Josef Kandner Menjura Else Hackenberg Kellnerin
Betti, literarischer Rompreisträger 1949, gilt in seinem Heimatland als meistgespielter Autor der Gegenwart. Die gedankenscharfe Dialektik seiner Dramen, durch metaphysische Züge bereichert, zeigt den Pirandello-Schüler. Es ist dem heute 60jährigen, der selbst jahrzehntelang Jurist und Richter war, in seinem neuen Werk nicht allein um eine Kritik an der heutigen Rechtsprechung, um eine Anklage gegen die brüchige Justiz zu tun. Was in diesem Gerichtssaal vor sich geht, in dem der Erdrutsch verhandelt wird, ist nur das Abbild von etwas viel Umfassenderem. Es geht dem Autor darum, die Kluft sichtbar zu machen zwischen Sein und Schein im heutigen Menschen. Bettis Wunsch ist, die Trostlosigkeit der Welt zu überwinden, nicht zu überhören. Auf der Suche nach den Schuldigen gerät der Richter Parsch selbst an den Rand der Verzweiflung, in den "Irrgarten der Gewissensängste und Schuldgefühle". Gegen Ende der Verhandlung glaubt sich der Richter nicht mehr berechtigt, ein Urteil zu sprechen. Die arme Kreatur steckt, so scheint es, unlösbar als Rad in der Maschine des durchorganisierten Massendaseins, eingebaut in das jweilige System. Und auch das Freiheitsgefühl der wenigen, "die an der Schalttafel des Mechanismus sitzen und mit den Hebeln hantieren, um die eigene Position zu verbessern", ist Selbstbetrug, auch sie stecken in der Walze, die sie zermahlen wird. Und doch gibt es eine Möglichkeit der Erlösung aus dieser infernalischen Knechtschaft: das Gewissen. Betti läßt seine Menschen nicht in der Trostlosigkeit verzweifeln. Sobald das Gewissen schlägt, sobald der einzelne das "schuldig" über sich selber spricht, erhält das sinnlos gewordene Dasein wieder einen Sinn. So zwingen gegen Schluß der Verhandlung die von Gewissensnot geschüttelten Angeklagten den sich selbst anklagenden Richter, die Ordnung wieder herzustellen, sie zu bestrafen, damit ihre Seelenpein nicht umsonst war. Und der Richter Parsch, "durch die leidende, aber leiden wollende Kreatur" aufs äußerste erschüttert, erkennt, "daß das Leben mit seiner Mühsal diesen Menschen Tag für Tag selbst ein gerechtes Urteil spricht und daß sie aus den Händen des Richters etwas anderes, etwas Höheres empfangen sollten: Erbarmen".
Produktions- und Sendedaten
- Radio Bremen 1953
- Erstsendung: 07.10.1953 | 77'28