Hörspiel
Autor/Autorin:
Philippe Minyana
Die große Personal-History-Show
übersetzt aus dem Französischen
Übersetzung: Frank Heibert
Bearbeitung (Wort): Gerhard Willert
Komposition: Detlef Heusinger
Regie: Gerhard Willert
Weitere Mitwirkende
Sprecher/Sprecherin Rolle/Funktion Elisabeth Trissenaar Barbara Elisabeth Schwarz Jacqueline Angelica Domröse Angele Maria Scholz Eve Hubert Schlemmer Igor Gerhard Willert Tandlhuber
Minyana bezeichnet seine Theater- und Hörspieltexte als "im wesentlichen Kammertheater, stark verankert im Alltäglichen, im Sozialen, und gleichzeitig durchdrungen von einem sehr verborgenen untergründigen Lyrismus". Das Personal von Minyanas Stücken besteht meist aus gens siples, aus einfachen Leuten. Diese einfachen Leute sucht Minyana auf, er interviewt sie, bringt sie zum Sprechen. Das Soziale, die große Geschichte werden zur Kenntlichkeit entstellt, indem sie gebrochen durch die kleinen, intimen, privaten Geschichten erscheinen. Der eigentliche Schreibvorgang Minyanas besteht in der Verdichtung, der Musikalisierung des vorgefundenen Materials. (Die Bezeichnung "Kammertheater" erinnert nicht zufällig an "Kammermusik".) Zum Beispiel "Die große Personal History Show": Herzstück des Textes sind die Lebenserzählungen dreier älterer Frauen. Minyana schreibt: "Ich habe diese drei Frauen tatsächlich getroffen. Ich habe mit ihnen gesprochen und ihre Erzählungen auf Band aufgezeichnet. Ausgehend von den Kassetten habe ich geschrieben, sogar beim Schreibvorgang selbst war ich also begleitet von ihren Stimmen. Natürlich habe ich, um den Text herzustellen, eine Arbeit der Transpositon geleistet. Ich habe alles Anekdotische getilgt, ich habe entschlackt, um nichts zu bewahren als diese Musik der Sprache, die mich fasziniert, und die ich ohne jegliche Sentimentalität und ohne jegliche Psychologie umgesetzt habe." Minyanas Kunstgriff in diesem Text: er versetzt seine drei Frauenfiguren in eine (gar nicht so) futuristische Radioshow. Der aus der Einsamkeit geborene Erzähldruck der Figuren wird als Medienereignis mißbraucht. In jeglicher Hinsicht trifft der Satz einer französischen Kritikerin den Kern von Minyanas Stücken: Es handele sich bei ihnen um die "faszinierende und beunruhigende Reise in die unterirdischen Galerien der Erinnerung". Minyanas Transportmittel: die Sprache.
Produktions- und Sendedaten
- Radio Bremen 1989
- Erstsendung: 24.10.1989 | 66'26