Hörspiel
Autor/Autorin:
Milan Uhde
Ein ganz leises Ave
Übersetzung: Alexandra und Baumrucker
Technische Realisierung: Helmuth Schick, Ursula Mertel
Regie: Norbert Schaeffer
Weitere Mitwirkende
Sprecher/Sprecherin Rolle/Funktion Friedhelm Ptok Sohn Inge Birkmann Mutter Alois Garg Großvater Marianne Lochert Mama Manfred Steffen Vater Robert Seibert Regierungsrat Ernst August Schepmann Dozent Reinhart von Stolzmann Ermittlungsbeamter Uwe Koschel Kommissar Uwe Koschel Mann am Telefon Klaus Götte Prokurist Hans-Jörg Assmann Vikar Klaus Barner Dvorak
Ein Schriftsteller, er dürfte Mitte fünfzig sein, führt ein Gespräch mit seiner Mutter - am Abend ihrer Beerdigung. Ein imaginäres Gespräch also. Es führt zurück bis in seine Kindheit. Die Mutter ist Jüdin. Und nach dem Einmarsch der Deutschen zeigt der Vater nicht allzu viel Mut, seine Frau gegen die rassistischen Pressionen zu verteidigen. Als er aus dem Staatsdienst entlassen wird, reagiert er mit Selbstmordgedanken für die gesamte Familie. Es ist der Vater der Mutter der eine Lösung findet - bevor er selbst ins Vernichtungslager abtransportiert wird. Die Mutter, so lautet die Lösung, hat in Wahrheit einen arischen Vater. Gegen Geld findet sich sogar jemand, der diesen angeblichen Vater spielt. Als der Strohmann nach Kriegsende Gegenleistungen fordert, wird er abgewiesen. Und das hat der Schriftstellersohn seinem Vater nie verziehen. Auch damit ist er nicht einverstanden: Daß der Vater in der neuen politischen Ära wieder nur Duckmäuser und Mitläufer ist. Daß er sich herumstoßen läßt. Daß er nicht protestiert, als alles anders läuft, als die neuen Machthaber versprochen haben. Er, der Sohn, hat sich für einen anderen Weg entschieden. Er schreibt Stücke, unterzeichnet Resolutionen gegen das neue Regime. Und im Gefängnis lernt er, daß eine aus Entschiedenheit und Gradlinigkeit resultierende Gefangenschaft - befreiend wirken kann. Die immer wiederkehrenden Leiden, so der Sohn zur toten Mutter, resultieren aus der Angst der vielen vor der Gewalttätigkeit der wenigen. Aber auch die Mutter hat eine Lehre parat: Nur wer Verständnis für die Schwachen hat, wird in der Geschichte nicht zum Täter. 1933 in Brünn geboren, lebt trotz Veröffentlichungsverbot und Repressalien, weiter in seiner Heimatstadt. Bis zum Ende des Prager Frühlings galt er als einer der vielversprechendsten Bühnenautoren der neueren tschechischen Literatur. Von seinem Publikum abgeschnitten, ist er heute darauf angewiesen, daß Ermutigung von außen kommt.
Produktions- und Sendedaten
- Hessischer Rundfunk 1987
- Erstsendung: 09.03.1987 | 71'15