Hörspielbearbeitung
Autor/Autorin:
Elfriede Jelinek
Präsident Abendwind
Vorlage: Präsident Abendwind (Theaterstück)
Komposition: Peter Zwetkoff
Technische Realisierung: Hans Scheck, Uta von Reeken
Regieassistenz: Holger Buck
Regie: Hans Gerd Krogmann
Weitere Mitwirkende
Sprecher/Sprecherin Rolle/Funktion Ernst Konarke Abendwind Manuela Alphons Ottilie Wolfram Berger Hermann Jörg Hube Apertutto Louise Martini Lizzy Hans Wyprächtiger Bär Elfriede Jelinek Reporterin
Menschenfresser haben auch eine Kultur und sind den Zivilisierten in ihren politischen Machenschaften ähnlicher,als diese es sich träumen lassen. Das beweisen jedenfalls Elfriede Jelineks Präsident Abendwind und seine kluge Tochter Ottilie, Herrscher einer südseeinsularen Hochkultur mit Fernseher und Opernball. Entwickelt haben sie vor allem eine Eßkultur, die darin besteht, möglichst viele Einheimische und Ausländer zu verwursten, zu verkochen und dann zu verschlingen. Schwierig wird es für Präsident Abendwind, als er sein Volk aufgefressen hat - wer soll ihn nun noch wählen und vor allem, wer jubelt beim Staatsbesuch des Präsidenten Franz Josef Apertutto? Präsident Abendwind ist ein Verwandter der vielen fiktiven und realen Herrscher, die es verstehen, durch diktatorisches Regime ihren Geldbeutel, ihr Machtvolumen und ihren Magen zu füllen. Daß er zum Schluß von einem Bären gefressen wird, ist kein Akt der Gerechtigkeit, sondern eine Form der "Abwicklung" durch eine überseeische Fernsehgesellschaft, deren Vertreter der Bär ist. Mit ihrem Dramolett "Präsident Abendwind" stellt sich Elfriede Jelinek bewußt in die Tradition der satirischen Komödie Johann Nestroys. Ebenso wie die Vorlage zu "Präsident Abendwind" - Nestroys 1862 uraufgeführter Einakter "Häuptling Abend" - ist Elfriede Jelineks Dramolett eine Sprach-Satire auf die Segnungen der modernen Zivilisation und der politischen Kultur, auf Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit - nach dem Motto: "Wen mer net fressn tun, den vertreib mer!".
Produktions- und Sendedaten
- Bayerischer Rundfunk 1992
- Erstsendung: 30.11.1992 | Bayern 2 | 55'04