Originalhörspiel
Autor/Autorin:
Dieter Philippi
Die Fernzüge
Komposition: Christoph Grund
Technische Realisierung: Peter Nielsen, Sylvia Rosseau
Regieassistenz: Katrin Krämer
Regie: Christiane Ohaus
Weitere Mitwirkende
Sprecher/Sprecherin Rolle/Funktion Hubert Schlemmer Nikolaj Cornelia Heyse Vera Konstantin Graudus Schurka Wolfgang Kaven Erik Kästner Gabriele Blum Schwester/Verkäuferin Kurt Ackermann Bauer/Nachbar Irene Kleinschmidt Mascha Gerhard Garbers Michail Stepanowitsch Lutz Schmidt Matthias Brenner Thomas Sarbacher Renato Grünig
Eine Dichtermonographie könnte wie folgt beginnen: "Igor N. Platonow alias Nikolaj Nikolajewitsch kannte die Schlüsse wie ein Pinscher, der weiß, wohin er seine Haufen zu setzen hat. Nikolaj Nikolajewitsch hatte Probleme mit dem Anfang. Er wußte nicht, was mit dem Leben anfangen, nicht, wie mit den Frauen was anfangen, nicht, wie eine Geschichte anfangen. Er war nicht in das Leben hineingeglitten wie ein Stück Butter in eine heiße Pfanne." Der Held dieser Monographie wäre (wie der Dichter Daniil Charms) in St. Petersburg geboren und während der Leningrader Blockade in einem Gefängnis gestorben. Sein Leben wäre eine Kette phantasievoller Versuche, seiner Herkunft und seinem prophetisch erahnten Ende zu entrinnen - wie eine Flucht vor einer prädestinierten Biographie. Kein Wunder, wenn auch seine Prosa nie die 30 Zeilen überschritte. So säße der verhinderte Dichter in der Leningrader Straßenbahn und träumte davon, der Schöpfer eines großen Romans zu sein, der es ihm ermöglichte, wie alle großen Dichter fortan nur noch in Fernzügen zu reisen. Dabei ließe er sich die reizendste Straßenbahnschaffnerin von ganz Leningrad durch die Lappen gehen und legte statt dessen sein Schicksal in die Hände eines dämlichen Fernzugschaffners. Doch am Ende wäre der große Roman fertig. Er hieße "Die Fernzüge".
Produktions- und Sendedaten
- Radio Bremen / Saarländischer Rundfunk 1995
- Erstsendung: 12.09.1995 | 93'17