Hörspiel
Autor/Autorin:
Volker Erbes
Penelope
Komposition: Wolfgang Florey
Technische Realisierung: Renate Gaida, Karl-Heinz Stefens
Regie: Norbert Schaeffer
Weitere Mitwirkende
Sprecher/Sprecherin Rolle/Funktion Werner Eichhorn Seher Gottfried John Oddy Wolfgang Müller El Penor Ariane Knauf Sphinx, Nixe Beate Abraham Harmonie u. 2. Mädchen Wiltrud Fischer Muse Theodor Michael Zeuss Ingrid van Bergen Fette Haut Christa Fast 1. Mädchen/Circe Katharina Palm 3. Mädchen Christiane Bachschmidt Nausikaa Karl-Heinz Vosgerau Mr. Taifun Peter Kolle Der Bruder Fritz Bachschmidt Freier Cornelia Boje Penelope Jürgen Hilken 1. u. 5. Matrose Gerd Krebber 2. u. 6. Matrose Thomas Krümmel 3. u. 7. Matrose Joachim Walter 4. u. 8. Matrose
Der in Frankfurt/Main lebende Autor schrieb zu seinem Stück: Es ging mir nicht um eine weitere Version des Mythos. Denn die Odyssee, im 6. vorchristlichen Jahrhundert von einer Schar höfischer Redakteure aus tausend Seefahrermärchen und Abenteuergeschichten kompiliert und zum Heldengesang stilisiert, ist selbst schon, als scheinbare 'Urform' des Mythos, eine Entstellung einst wirklicher Vorgänge: des traumatischen Einbruchs der Griechen in die mittelmeerische WeIt der kretisch-minoischen Palastkultur, die von diesen schweifenden und brandschatzenden Horden binnen weniger Jahrhunderte völlig ausgelöscht wird. Die Geschichte vom heimkehrenden Soldaten, der nichts mehr findet, was er verlassen hat, spiegelt darum auch, in ihrer verherrlichenden Verkehrung der Rollen von Opfer und Täter, das Trauma des Siegers, der in der Welt, die er zerstört, keine Heimat mehr hat. Die einst populären Inhalte der Seefahrer- u. Abenteuergeschichten gewinnt das Hörspiel zurück, indem es die Handlung in einen Landserfilm verlegt: Oddy Revolver, der als Söldner in Afrika gekämpft hat, kehrt mit seinem Freund El Penor heim. Ihre letzte Nacht vor ihrem Abflug nach Hause verbringen sie in einem Bordell in Athen, wo sie alle Abenteuer, von denen Männer je geträumt haben, in einer Irrfahrt durch die Etablissements des Hauses spukhaft noch einmal erleben. Der Krieg, den sie glaubten, hinter sich zu haben, setzt sich als Krieg der Geschlechter, der nicht zu gewinnen ist, fort. Oddy Revolver braucht nicht mehr heimzukehren: Er trifft am Ende in diesem Bordell seine eigene Frau, die in ihrer Art auf ihn gewartet hat - von ihrem in den Krieg ziehenden Mann verlassen, ist sie zur Trösterin aller Landser und Matrosen dieser Welt geworden. Eine weitere ironische Brechung erfährt diese Ebene des trivialen Mythos im Film im Auge des Kinobesuchers, der seine eigene Situation durch diese Handlung eingeholt sieht - es ist eben das Gefängnis der Ehe, in dem alle Ausbruchsphantasien und Gewaltphantasmagorien enden: die Welt als Bordell ist zugleich Wunschbild und schmerzliche Realität.
Produktions- und Sendedaten
- Radio Bremen / Saarländischer Rundfunk / Südwestfunk 1988
- Erstsendung: 24.05.1988 | 71'18