Hörspiel
Autor/Autorin:
Georg Zivier
Berlin und die Ullsteins
Aus dem Almanach eines Verlagshauses
Regie: Jörg Jannings
Weitere Mitwirkende
Sprecher/Sprecherin Rolle/Funktion Arthur Schröder Leopold Ullstein Joachim Nottke Erzähler Hilde Dölker Ursula Gompf Ruth Hausmeister Charlotte Kolle Sigrid Pein Dorothea Thiess Helmut Ahner Dietrich Auerbach Walter Baumgartner Arthur Binder Lothar Blumhagen Ralf Bregazzi Kurt Buecheler Joachim Cadenbach Wolfgang Conradi Jörg Cossardt Otto Czarski Fritz Daniger Wolfgang Draeger Hermann Ebeling Walter Fein Rudolf Fernau Dietrich Frauboes Joachim Gehrke Max Giese Günter Glaser Otto Graf Helmut Grube Herbert Grünbaum Karl Haas Richard Handwerk Klaus Herm Hans-Stefan Heyne Helmut Heyne Claus Hofer Willi Hollers Ernst Jacobi Carl John Erich Kestin Eugen Klinger Reinhard Kolldehoff Wolfgang Kühne Bernd Kummer Hans Kwiet Paul Löffler Erik von Loewis Sigurd Lohde Otto Matthies Klaus Miedel Franz Nicklisch Walter Pfeil Henning Schlüter Heinz Peter Scholz Ludwig Schütze Hans Schwarz Friedrich Siemers Heinz Spitzner Erhard Stettner Achim Strietzel Jürgen Thormann Bernd Träger Konrad Wagner Paul Wagner Josef Wilhelmi Helmut Ziegner Wolfgang Zill Eduard Wandrey Heinz Welzel Hans Wiegner Arthur Wiesner Stefan Wigger
Wenn man, von Westdeutschland kommend, nach Berlin einfliegt, kann man bei klarem Wetter schon über Wannsee die Uhr des Tempelhofer Druckhauses erkennen, noch immer Wahrzeichen des einstmals größten Zeitungsunternehmens auf dem europäischen Kontinent: Ullstein.Leopold Ullstein, Begründer des Verlages, war als junger Mann im Revolutionsjahr 1848 nach Berlin gekommen, stand eine Zeit lang politisch Rudolf Virchow zur Seite, und hat mit dem bürgerlich-liberalen, demokratischen Geist der frühen Revolutionsjahre die Haltung und das Gesicht des Hauses bestimmt. Seine fünf Söhne, Louis, Franz, Hans, Rudolf und Hermann, die später den Verlag zu voller Entfaltung führten und die man in Anlehnung an die "fünf Frankfurter" (Rothschilds) die "fünf Berliner" nennen könnte, haben in diesem Sinne weitergearbeitet.Man machte bei Ullstein - wohl einer der Gründe für die große Verbreitung der Blätter - Zeitung 'mit Herz'. Das galt vor allem für die "Berliner Morgenpost" - unter diesem Motto hat sie auch 1952 wieder begonnen - das galt aber auch für die "BZ am Mittag", dem Boulevard-Blatt, das in seiner Art einen genialen Zug hatte und von dem eine russische Schriftstellerin der zwanziger Jahre kennzeichnend sagte: "Die BZ ist eine kleine Pfütze, in der sich die ganze Welt spiegelt".Daneben gab es eine Reihe Nachmittagsblätter wie "Die Nachtausgabe", das "8-Uhr-Abendblatt" und das "Tempo", die letzte Gründung Ullsteins. Namen, die einst jeder Berliner kannte und die heute vergessen sind.Die meisten seiner Zeitungen hatte der Verlag Ullstein schon vor dem ersten Weltkrieg gegründet: "Das Neue Berliner Tageblatt", die "Berliner Zeitung" und die "Berliner Morgenpost". Nach dem Krieg kam vor allem die "Vossische Zeitung" hinzu, die von den Ullsteins im alten Stil, wenn auch jetzt mit einer ausgesprochen demokratischen Tendenz weitergeführt wurde. Mit diesen Blättern, die auch in den zwanziger und beginnenden dreißiger Jahren wesentlich die Atmosphäre der Berliner-, der Hauptstadtpresse mitbestimmten, (die "Berliner Morgenpost" hatte 1928/29 eine durchschnittliche Auflage von 610 bis 615 000) errang der Verlag Weltgeltung.Weit über Berlin und Deutschland hinaus verbreitet, so daß sie zu einem Begriff in der Welt wurde, war die "Berliner Illustrierte", die in den Jahren 1928/29 eine Auflage von über 1,8 Millionen hatte (Preis 0,20 RM, vor dem ersten Weltkrieg 0,10 M): die wahrscheinlich größte verlegerische Leistung des Hauses Ullstein. Zum Zeitungsverlag war der Buchverlag gegründet worden, dessen berühmtestes Buch "Im Westen nichts Neues" von Remarque, dessen bedeutendste Veröffentlichung aber die Propyläen-Ausgaben der Weltgeschichte, Kunstgeschichte usw. werden sollten. Heute zeugt von diesem einstigen Riesenunternehmen nur noch einiges: das steinerne Wahrzeichen des Druckhauses in Tempelhof - das im wesentlichen auf die Initiative von Rudolf Ullstein zurückgeht -, der, wenn auch in kleinerem Maßstab arbeitende Buchverlag, und die beiden einzigen Zeitungen, die aus der Fülle von einst geblieben sind: die "Berliner Morgenpost" und die "BZ", die Walter Kiaulehn im Hinblick auf die zwanziger Jahre einmal eine 'Angewohnheit der Berliner' nannte - sie ist es auch heute wieder.Georg Zivier hat in dieser Sendung das Werden, die Geschichte und das Schicksal des Verlages nachgezeichnet, den 'Geist des Hauses' und der Zeit noch einmal lebendig werden lassen.
Produktions- und Sendedaten
- RIAS Berlin 1963
- Erstsendung: 23.10.1963 | 89'30