Hörspiel
Autor/Autorin:
Hans Ermann
Berlin und Scherl
Ein zeitgeschichtliches Porträt
Regie: Ulrich Gerhardt
Weitere Mitwirkende
Sprecher/Sprecherin Rolle/Funktion Karl John August Scherl Carl Raddatz Hugo von Kupffer Trudl Baumbach Traute Daniels Gudrun Genest Georgia Holl Luitgard Im Lotte Lieck Heidemarie Mann Sigrid Pein Edith Robbers Waltraud Schmahl Simone Stoll Alexandra Weiss Dieter Arnold Jo Becker Lothar Blumhagen Joachim Boldt Herbert von Boxberger Kurt Buecheler Wolfgang Conradi Otto Czarski Fritz Daniger Franz Dannenbauer Erich Fiedler Dietrich Frauboes Joachim Gehrke Otto Graf Karl Haas Hans Wilhelm Hamacher Herbert Hellwig Klaus Herm Helmut Heyne Martin Hirthe Gerd Holtenau Erich Kestin Hans Kwiet Erik von Loewis Paul Löffler Sigurd Lohde Gerd Martienzen Klaus Miedel Michael Nowka André Obrecht Paul Paulschmidt Dieter Ranspach Werner Roese Wolfram Schaerf Henning Schlüter Peter Scholz Siegfried Schürenberg Klaus Sonnenschein Heinz Spitzner Erhard Stettner Jürgen Thormann Georg Tschersich Hermann Wagner Konrad Wagner Paul Wagner Kurt Waitzmann Alexander Welbat Eckart Werner Hans Wiegner Michael Wuschik Wolfgang Zill
Am 4. November 1883, vor 80 Jahren, verließen die Boten das Haus der Druckerei Büxenstein mit der ersten Nummer des "Berliner Lokal-Anzeiger". Es war eine Sensation für Berlin, denn der Lokal-Anzeiger wurde auf der Straße - verschenkt. August Scherl, der Begründer des Blattes, hatte als erster deutscher Zeitungsverleger nicht auf den Verkauf oder das Abonnement, sondern bewußt auf das Annoncen-Geschäft spekuliert. Wer das Blatt abonnierte, mußte nur den Botenlohn zahlen, zehn Pfennig im Monat.Aus dieser ersten Nummer des "Berliner Lokal-Anzeiger" entstand im Laufe der Jahre einer der größten europäischen Zeitungskonzerne - dann allerdings nicht mehr in der Hand Scherls, sondern Hugenbergs, der über und durch diesen Konzern in den zwanziger Jahren den größten Teil der deutschen Presse beeinflußte, vor allem politisch beeinflußte.August Scherl hatte mit nichts begonnen, vertrauend auf seine Idee. Das ist charakteristisch für ihn geblieben. Scherl war in gewisser Hinsicht ein genialer Kopf, in manchem ein Pionier - von ihm stammt z. B. der erste ausgearbeitete Entwurf einer Einschienenbahn; er spekulierte mit seinen Ideen auf Erfolg - und der Erfolg schien ihm über ein Vierteljahrhundert hin Recht zu geben. Dennoch: nicht alle Ideen Scherls waren auch finanzielle Erfolge. Er hatte mit Kredit begonnen, und Scherl war nicht der vorsichtige Kaufmann, der seine Projekte um der Konsolidierung willen zurücksteckte. Scherl war genial, er war aber in gewisser Hinsicht auch ein Philanthrop, und er war vor allem ungeduldig. Schon vor dem ersten Weltkrieg war der Verlag dadurch in eine Lage gekommen, die Scherl schließlich zum Verkauf zwang. Im 'Freundeskreis' um Hugenberg, in der Schwerindustrie, fanden sich die Geldgeber. Scherl war zu jener Zeit schon ein kranker und im Grunde gebrochener Mann.In dem vorliegenden Hörspiel versucht der Autor ein Bild dieses Mannes und seiner Zeit, des Aufstiegs und der Hintergründe zu geben, die schließlich zum Besitzwechsel führten und Hugenberg ein Presseinstrument in die Hand gaben, das er am Ende verhängnisvoll zum größten Massenbeeinflussungsmittel in den zwanziger Jahren ausbaute.
Produktions- und Sendedaten
- RIAS Berlin 1963
- Erstsendung: 04.12.1963 | 93'30