Originalhörspiel
Autor/Autorin:
Carson McCullers, Edward Albee
Die Ballade vom traurigen Café
Vorlage: Die Ballade vom traurigen Café (The ballade of the sad café) (Erzählung, amerikanisch)
Übersetzung: Pinkas Braun
Bearbeitung (Wort): Hans Bräunlich
Komposition: Reiner Bredemeyer
Technische Realisierung: Jutta Kaiser, Monika Kittlaus, Gabriela Neumann
Regieassistenz: Ingrid Krempel, Joachim Dittmann
Regie: Barbara Plensat
Weitere Mitwirkende
Sprecher/Sprecherin Rolle/Funktion Karin Gregorek Miss Amelia Michael Gwisdek Vetter Lymon Winfried Glatzeder Marwin Macy Jürgen Holtz Henry Macy Peter Dommisch Stumpy Jürgen Kluckert die Rainy-Zwillinge Hans-Edgar Stecher Merlie Rain Marion van de Kamp Emma Hale Horst Schönemann Erzähler Ruth Glöss Frau
Das Café des Titels, eigentlich eine Schenke, einzige Stätte der Geselligkeit in einer ärmlichen Fabrikstadt des amerikanischen Südens, war ursprünglich ein Kramladen, in dem heimlich auch Branntwein verkauft wurde. Dieser Laden gehört einer gewissen Miss Amelia, die eine der bemerkenswertesten Persönlichkeiten des Städtchens ist: herrisch und habgierig, geschäftstüchtig und händelsüchtig, zugleich aber auch erfahren in den mehr volkstümlichen Methoden der Heilkunst. Zehn Tage lang war sie mit Marvin Macy verheiratet, einem wilden, leidenschaftlichen in sie verliebten Burschen, dem sie sich jedoch verweigerte. Nachdem der gedemütigte Ehemann schließlich auch noch aus dem Haus verjagt worden war, geriet er auf die schiefe Ebene und landete im Zuchthaus. Die entscheidende Wendung im Dasein dieser Miss und auch im Dasein des Städtchens - bringt, zu Anfang der Geschichte, die Ankunft eines verwahrlosten kleinen Krüppels, der sich als ein entfernter Verwandter Amelias ausgibt und zur Überraschung aller auch von ihr ins Haus aufgenommen wird. Mochte er zunächst in der harten Frau nur die verschütteten Mutterinstinke geweckt haben, so gelingt es ihm doch bald, sie seinem eigenen Willen gefügig, wo nicht hörig zu machen. Ihm, dem selbstgefälligen, boshaften, kränklichen, wehleidigen Buckligen, ist es nur darum zu tun, eine Rolle zu spielen - und dafür bietet sie ihm, nachdem er die Umwandlung des Kramladens in eine Gaststätte veranlaßt hat, die rechte Gelegenheit. Er ist nun Hausherr, Alleinunterhalter und ein unermüdlicher Ränkespinner. Unter seiner Leitung nimmt das Café einen überraschenden Aufshwung, und seine "große" Zeit ist auch ein Höhepunkt in der Geschichte der Kleinstadt, die sich von neuem "Stolz" durchdrungen fühlt, ja, sich in gewissem Sinn zivilisiert. Sechs Jahre lang steht es für alle Beteiligten zum besten: da kehrt unerwartet Marvin Macy aus dem Zuchthaus zurück, offenbar von keinem anderen Wunsch besessen als dem, Miss Amelia die ihm widerfahrenen Demütigungen heimzuzahlen - aber wie? Merkwürdigerweise ist es gerade der Krüppel, der zum Werkzeug seiner Rachsucht wird. Der Bucklige erliegt der Faszination des ihm zutiefst wesensverwandten Verbrechers. Bald sind beide Männer unzertrennlich. Sie verbünden sich gegen Miss Amelia, die den einen einmal erniedrigt, den anderen aber in seinen und seiner Umwelt Augen gleichem Maß erhöht hatte. Der Konflikt zwischen diesen drei Gestalten drängt einer gewaltsamen Lösung zu. Amelia fordert Macy zu einem öffentlichen Boxkampf heraus - ein Ereignis, das für viele Schaulustige zur Sensation wird. In dem Augenblick nämlich, in dem Macy von Miss Amelia besiegt zu werden droht, springt der Krüppel ihr an die Kehle. Während sie noch in halber Betäubung darniederliegt, schlagen die beiden Männer im Haus alles kurz und klein und ziehen schließlich davon - zusammen. Mit dem Schicksal Miss Amelias aber ist gleichzeitig das des Cafés besiegelt: sie läßt es mit Holzbrettern verschalen. Die kleine, zeitweilig so munter gewordene Stadt versinkt wieder in apathischen Schlummer. Das einzige, was noch Leben zu atmen scheint, ist der Gesang der Kettensträflinge, die eine nahegelegene Chausse schottern - der Gesang "von zwölf Sterblichen, sieben schwarzen und fünf weißen Burschen aus der Gegend", die - letzte und vieldeutigste Ironie! "eng beieinander sind".
Produktions- und Sendedaten
- Rundfunk der DDR 1977
- Erstsendung: 17.03.1977 | Berliner Rundfunk | 20:00 Uhr | 68'55
Im Deutschen Rundfunkarchiv verfügbar