Originalhörspiel

Autor/Autorin: Alfred Bergmann

Dauerlauf

Regie: Otto Düben

Johannes Broch, über 50 Jahre alt, Familienvater und leitender Angestellter, ist ein "gesunder" Kranker. Der Dauerlauf, konkretes Bild seines Lebens und zugleich letztes überdrehtes Mittel, seine schwindende Leistungsfähigkeit im Konkurenzkampf frisch unter Beweis zu stellen, be stimmt sein gehetztes Denken: In jahrzehntelanger Anpassung an die Ar beitsbedingungen unserer "freien Wirtschaft" hat er die Wertvorstellungen und Verhaltensnormen so verinnerlicht, daß er zwischenmenschliche Be ziehungen wie die zu seiner Frau, seinem Sohn, seinem Freund, seinen Kollegen nur noch in Mustern des Kampfes, in den Klischees von Sieg und Niederlage bewältigen kann In seiner Phantasie, die gespeist wird von dem Bildervorrat einer sado- masochistischen Kultur, geraten ihm alle Situationen und Entscheidungen zu einem Kampf auf Leben und Tod. Selbst die Stille des Waldes, das Rauschen der Bäume und der Vogelgesang wer den zur feindlichen Umwelt. Wo kein Feind mehr in Sicht ist, wird einer erfunden. Und wo auch das nicht mehr gelingt, wo der hemdsärmelige Drauf gänger, der alle Hindernisse schwungvoll aus dem Wege räumt, nichts mehr zu besiegen hat, findet er am Ende Anfang und Ursache seines Lebens Dauerlaufs: die Angst.