Originaltonhörspiel
Autor/Autorin:
Eva-Maria Götz, Hein Bruehl
Zum Beispiel zwei alte Frauen in Berlin-Wedding
Weitere Mitwirkende
Sprecher/Sprecherin Anne Rottenberger Peter Lieck Ruth Pera Sylvia Bartholomay Bodo Primus Ulrich von Bock
#Es berichtet über ihren Ruhestand in West-Berlin eine thrombosekranke
Frührentnerin, die zuletzt als Ankerwicklerin bei Siemens gearbeitet
hat.
Frau W. bewohnt heute, vierundsiebzigjährig, zusammen mit ihrem
Wellensittich eine Einzimmerwohnung mit Küche, ohne Bad und ohne
Toilette, in der Liebenwalder Straße.
Es berichtet über ihre Arbeit in der Großküche eines Kaufhauses am
Wedding eine vierundsiebzigjährige Köchin. Frau S. steht noch von 8
Uhr früh bis 1/2 7 Uhr abends 'ihren Mann' an der Anrichte, am Herd
bzw. an der Essenausgabe für das Hauspersonal. Angereichert und
kommentiert werden die Berichte einmal durch das, was die Angehörigen,
die Nachbarn, Kollegen sagen, zum anderen durch unsere Ansichten von
den Lebens- und Arbeitsbedingungen dieser beiden Frauen, die wir vier
Tage lang in ihren Wohnungen, auf der Straße, beim Bäcker, beim
Kohlenhändler, am Arbeitsplatz, in der Kantine gesehen und gesprochen
haben. Die beiden Selbstdarstellungen und die ergänzenden Materialien
im Originalton sowie die kommentierenden Einschübe (Statements,
dialogischen Demonstrationen, dazu gehören auch Geräusch-Filme etc.)
werden zu einem Hörstück montiert. Unser thematisches Interesse zielt
auf das Familienbewußtsein und die allgemeine Einstellung zu alten
Leuten in unserer Leistungsgesellschaft. Außerdem wollen wir uns mit
den Problemen auseinandersetzen, die die geplante 'flexible
Altersgrenze' für die unteren sozialen Schichten aufwirft. In
szenischen Vorgriffen auf eine absehbare Zukunft, die in den
Vereinigten Staaten schon begonnen hat, sollen u. a. Pläne zum Bau von
Trabanten-Städten für Menschen im Ruhestand und Konflikt-Situationen
der Betroffenen in diesen vollautomatisierten Gettos entwickelt
werden."

Produktions- und Sendedaten
- Westdeutscher Rundfunk 1973
- Erstsendung: 19.02.1973 | WDR 3 | 56'30