Originalhörspiel

Autor/Autorin: Samuel Beckett

Pochade Radiophonique

übersetzt aus dem Französischen

Übersetzung: Elmar Tophoven
Komposition: Sven-Åke Johansson
Redaktion: Katarina Agathos
Technische Realisierung: Wilfried Hauer, Susanne Herzig
Regieassistenz: Martin Trauner

Regie: Karl Bruckmaier

  • Weitere Mitwirkende

    Sprecher/SprecherinRolle/Funktion
    Helmut StangeAnimator 1
    Rüdiger VoglerAnimator 2
    Gustl HalenkeStenotypistin 1
    Katja RupeStenotypistin 2
    Sven-Åke JohanssonFox

Becketts auf drei Stimmen und eine Peitsche reduzierte Versuchsanordnung fürs Radio: Ein namenloser "Animator" lässt sein Opfer "Fox" foltern, um es sprechen zu machen, und zur Preisgabe von etwas zu zwingen, was das "Geheimnis", die "Sache" oder auch die "Formel" genannt wird: Man ist menschlichen Regungen auf der Spur. Eine Stenotypistin nimmt das Gestammel des Gefolterten zu Protokoll, notiert versehentlich auch die Schreie, muss diese auf Anweisung des Animators umständlich wieder ausradieren. Uneinig ist man, ob "Weinen" ins Protokoll gehört oder nicht. Das Vorhaben, menschliche Befindlichkeit, Erinnerungen und Gefühle aufzuzeichnen, gerät zu einem verlustträchtigen, vertrackten und tragikomischen Unterfangen. "Zwischen zwei Küssen: diese drei Wörter sind der Lohn für eines Tages Mühen als Folterer. Und die muss man noch selbst erfinden, um nicht abgestraft zu werden von einer namenlosen Instanz, die den Fortgang eines scheinbar endlosen Verhörs überwacht. Überwacht mit Hilfe der Protokolle einer 'Stenotypistin', die ihrem greisenhaften Chef, dem 'Animator', in einem fast erotischen Verhältnis verbunden ist, das sich im täglichen Beisammensein in der sadistischen Kerker-Atmosphäre über wer weiß wie lange Zeit entwickelt haben mag. Gefoltert wird 'Fox'; die Schläge teilt 'Dick' aus - wer möchte da nicht Freudianer werden? Becketts Radio-Etüde ist ein mit Geilheit und Monstrosität aufgeladenes Menuett der Ungeheuerlichkeit, bei dem jedes Fortschreiten einen neuen, anderen Blick ermöglicht auf Täter und Opfer, bis selbst diese moralischen Zuordnungsversuche ihre Bedeutung verlieren. Die Inszenierung betont die traumähnliche Qualität des Textes und verändert phasenweise und sprunghaft den Ort der Handlung und auch den Charakter der Beziehung zwischen den Personen: Ausweglosigkeit kennt auch das Altersheim, sexuelle Überhitzung findet im Swinger Club ihren Platz. Und dazu spielt die Musik: Zwischen zwei Hieben."

Weitere Informationen
Samuel Barclay Beckett (1906-1989), geboren in Foxrock, südlich von Dublin, lehrte nach einem Studium der französischen und italienischen Sprache und neueren Literatur an der Universität Belfast. 1929 entstanden erste Essays und Erzählungen, 1931 erschien eine Monographie über Proust. 1937 zog er nach Paris um. Während der Besetzung von Paris arbeitete er als Sekretär und "Briefkasten" für eine Résistance-Gruppe. Ab ca. 1930 entstand sein umfassendes künstlerisches Werk, u.a. die Romane "Dream of fair to middling women" ("Traum von mehr bis minder schönen Frauen"), "Murphy", "Watt", "Mercier et Camier", "Molloy", "Malone meurt", "L'innommable" ("Der Namenlose"). Zu seinen bekanntesten Theaterstücken zählen "En attendant Godot", "Fin de partie", "Krapp's last tape", "play", "Acte sans paroles I", "Acte sans paroles II", "Happy days". Von ihm verfasste Hörspiele sind u.a.: "All that fall", "Embers" ("Aschenglut"), "Words and Music", "Cascando", "Pochade radiophonique", "Esquisse radiophonique". Zu seinen Filmen gehören u.a. "Film", "Dis Joe", "Ghost Trio", "... but the clouds ..." ("... nur noch Gewölk ..."), "Quadrat". Außerdem verfasste er u.a. die Prosastücke "Worstward Ho" ("Aufs Schlimmste zu"), "Le Dépeupleur" ("Der Verwaiser"). 1969 erhielt Beckett den Nobelpreis für Literatur; Auf der documenta X war Beckett 1997 mit "Quadrat" und "... nur noch Gewölk ..." vertreten; im Jahr 2000 wurde die Ausstellung "Samuel Beckett / Bruce Nauman" in der Kunsthalle Wien eröffnet.

Quellen zum Hörspiel - © DRA/Michael Friebel

Produktions- und Sendedaten

  • Bayerischer Rundfunk 2005
  • Erstsendung: 06.06.2005 | Bayern 2 | 20:30 Uhr | 33'43

Veröffentlichungen

  • CD-Edition: Der HörVerlag 2006 (im Rahmen der CD mit dem Titel "Wir sind Zauberer")
  • CD-Edition: Der Hörverlag 2014 (in der Sammlung "Warten auf Godot und andere Werke")

Auszeichnungen

  • hr2-Höchbuchbestenliste Juni 2006 für die Hörbuch-Ausgabe "Wir sind Zauber", die als Teilstück auch "Pochade Radiophonique" enthält

Rezensionen (Auswahl)

  • Stefan Fischer: Süddeutsche Zeitung. 06.06.2005. S. 19.
  • Anja Hirsch: Alles will er, nur nicht schweigen. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 29.06.2015, S. 10 (anlässlich der 2014 vom Hörverlag herausgegebenen CD-Edition "Warten auf Godot und andere Werke").

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