Hörspielbearbeitung
Autor/Autorin:
Arthur Schnitzler
Reigen
Vorlage: Reigen – Zehn Dialoge (Theaterstück)
Bearbeitung (Wort): Manfred Hess
Redaktion: Manfred Hess
Dramaturgie: Manfred Hess
Technische Realisierung: Helmut Becker, Ursula Potyra
Musik: Hedwig Fuchs (Posaune), Simon Kunst (Posaune)
Regie: Marlene Breuer
Weitere Mitwirkende
Sprecher/Sprecherin Rolle/Funktion Katharina Hackhausen Die Dirne/Erzählerin Yevgenia Korolov Die Dirne/Das süße Mädel/Erzählerin Lucie Mackert Die Dirne/Erzählerin Victoria Schmidt Die Dirne/Die Schauspielerin/Erzählerin Marios Gavrilis Der Soldat/Erzähler Raúl Semmler Der junge Herr/Erzähler Moritz Pliquet Der Ehegatte/Erzähler Leonard Hohm Der Dichter/Erzähler Hendrik Vogt Der Graf/Erzähler
Reigen, das 1900 erschienene Skandalstück zeichnet mit psychologischer Meisterschaft und bis dahin unbekannter Direktheit das sexuelle Begehren in der von Standesgrenzen geprägten Gesellschaft der KuK-Monarchie. Schon längst aber trug diese Gesellschaft auch die Signatur der Décadence. Im gleichen Jahr wie Freuds Traumdeutung veröffentlicht, geht es in Schnitzlers zehn Dialogen nur um das "Eine" und wie "Es" sich gesellschaftlich verkleidet. Was früher ein Skandal war, dürfte heute in einer liberalen und sexuell freizügigen Gesellschaft nur wenige aufregen. Oder verbirgt sich mehr hinter diesen Figuren? Die Erarbeitung von Schnitzlers Reigen steht im Zusammenhang einer Kooperation des hr2-Hörspiels mit der Frankfurter Hochschule für Musik und Darstellende Kunst, die seit 2007 jedes Jahr mit Studenten des Abschlussjahrgangs unter professionellen Produktionsbedingungen ein längeres Hörspiel realisiert. So ist dieses Hörspiel auch ein Experiment, das an gewissen Voraussetzungen geknüpft ist: Schnitzlers Reigen, vom Figurenensemble ein Querschnitt durch die Gesellschaftsschichten und Altersstrukturen der damaligen österreichischen Gesellschaft, kann hier nur mit jungen Stimmen besetzt werden. Diesen "Nachteil" versteht die Inszenierung als "Vorteil", um den Text auf seine Virulenz oder auch seine Überholtheit für Heute zu untersuchen. Die Produktion folgt dem Originaltext, vermeidet aber bewusst das österreichische Sprachkolorit und verzichtet auf einen vordergründigen Realismus. Ziel des Projekts war mit "jungen, noch nicht vollends ausgereiften Schauspielerstimmen" und einem gewissen "A-Historismus", die psychologischen Szenen zu sich im abstrakten Raum bewegenden Miniaturen konvertieren zu lassen, die von der Camouflage des Begehrens erzählen. Die Standeszugehörigkeiten der Figuren im Reigen sollten dabei - bei aller Wiedererkennbarkeit - zu einem stellenweise absurd-komischen Spiel der Zeichen werden, an deren Substanz keiner mehr glaubt. Gleichwohl geht es um den Schein - ihn versuchen die Menschen hier mühsam aufrecht zu erhalten, da die nackte Wahrheit unerträglich ist. Und das ist modern, heutig.
Weitere Informationen
Arthur Schnitzler (1862-1931) zeichnet hier mit psychologischer Schärfentiefe die Gesellschaft der melancholischen wie dekadenten, dem müden Schein verpflichteten K.u.K Monarchie um die Jahrhundertwende, indem er sie über das faszinierende Bild eines sich in Frage stellenden Wiener Judentums zwischen Zionismus, Assimilation und Antisemitismus spiegelt.

Produktions- und Sendedaten
- Hessischer Rundfunk 2009
- Erstsendung: 25.10.2009 | hr2-kultur | 56'21