Hörspielbearbeitung
Autor/Autorin:
James Joyce
Ulysses (1. Teil: Telemachos)
Szene: Martello Tower am Strand von Sandycove, Dublin; Uhrzeit im Roman: 8 Uhr; Kunst: Theologie; Symbol: Erbe; Technik: Erzählung (eines jungen Mannes)
Vorlage: Ulysses (Roman, englisch)
Übersetzung: Hans Wollschläger
Bearbeitung (Wort): Klaus Buhlert
Komposition: Klaus Buhlert
Dramaturgie: Manfred Hess
Technische Realisierung: Andreas Meinetsberger
Regie: Klaus Buhlert
Weitere Mitwirkende
Sprecher/Sprecherin Rolle/Funktion Manfred Zapatka Erzähler Jens Harzer Stephen Dedalus Werner Wölbern Buck Mulligan Hans Werner Meyer Haines Margit Bendokat Milchfrau Dietmar Bär Bootsmann Rufus Beck Junger Mann
"Stattlich und feist erschien Buck Mulligan im Treppenaustritt, ein Seifenbecken in Händen, auf dem gekreuzt ein Spiegel und ein Rasiermesser lagen." Mit diesem Satz beginnt der Roman "Ulysses" von James Joyce, den Hans Wollschläger, so das einhellige Kritikerurteil, "kongenial" 1975 neu ins Deutsche übertragen hat. Die Übersetzung von Georg Goyert von 1927 genügte nicht mehr den Ansprüchen zeitgenössischer Rezeption und Übersetzungskunst. Der Roman, vor 90 Jahren, 1922, in der Pariser Buchhandlung "Shakespeare & Company" der Amerikanerin Sylvia Beach erschienen, nachdem Verlage das Werk wegen seiner obszönen Passagen abgelehnt hatten, erzählt in 18 Kapiteln von Donnerstag, dem 16. Juni 1904. Von acht Uhr morgens bis nach Mitternacht ersteht das Portrait Dublins mit seinen Orten und Menschen. Der Roman folgt wie ein Kartograph den Wegen der Protagonisten, des Jesuitenzöglings und Dichter-Gelehrten Stephen Dedalus und des 40-jährigen jüdischen Annoncenakquisiteurs Leopold Bloom. Aber der "Ulysses" ist nicht nur der Roman eines Tages oder der Roman einer Stadt, er ist der Roman einer Epoche, der literarischen Moderne. Joyce führt die sprachlichen und stilistischen Möglichkeiten des Erzählens vor, mit denen Wirklichkeit gespiegelt und literarisch konstruiert werden kann. Jedes der Kapitel, die er weder betitelte noch nummerierte, hat seine eigene literarische Technik und rhetorische Figur. Das erste Kapitel ist klassisch erzählend mit einem auktorialen Erzähler und Einschüben des inneren Monologs. Und es erzählt von der Morgenstunde um acht Uhr, wenn Stephen Dedalus, der aus Paris zurückgekehrte Held aus James Joyce 1916 erschienenem Roman "A Portrait of an Artist as a Young Man", erwacht und auf dem Mortello-Tower in Sandycove an der Küste der Dublin Bay frühstückt – gemeinsam mit Buck Mulligan, dem Medizinstudenten, und Haines, dem Engländer. Die drei Bewohner haben den Turm gemietet und sind chronisch pleite. Diese Zweckgemeinschaft redet im lästernden Jargon der Bohème, badet nach dem Frühstück im Meer und verabredet sich zum späteren Trinkgelage, falls Stephen seinen Lohn als Lehrer vom Schuldirektor erhält. Wohin Stephens Wege führen und wie er Leopold Bloom, seinen noch unbekannten Vater im Geiste, trifft, davon erzählt der Roman später. Das erste Kapitel ist Auftakt der etwa zwanzigstündigen Hörspielbearbeitung von James Joyce "Ulysses". Im Anschluss folgt ein längerer Werkstattbericht.
Weitere Informationen
James Joyce, geboren am 2. Februar 1882 in Dublin, gestorben am 13. Januar 1941 in Zürich, studiert nach seiner Schulzeit an den jesuitischen Colleges Congowes Wood und Belvedere moderne Sprachen. Anschließend bricht er zu seinem ersten Parisaufenthalt auf. Nach Dublin kehrt er 1903 aufgrund der Erkrankung seiner Mutter zurück, die kurz darauf stirbt. Am 16. Juni 1904 führt Joyce seine spätere Lebensgefährtin Nora Barnacle zum ersten Mal aus (dieses Datum wird als ›Bloomsday‹ im "Ulysses" verewigt); das Paar verlässt Irland und versucht zunächst in Zürich, dann in Pula Fuß zu fassen. Andauend in Geldnot arbeitet Joyce als Englischlehrer in Triest und beendet 1906 seinen Erzählband "Dubliners", der erst 1914 veröffentlicht wird. Daraufhin beginnt er mit seiner Arbeit am "Ulysses". 1916 erscheint "A Portrait of the Artist as a Young Man". Während des Ersten Weltkriegs droht Joyce als britischem Staatsbürger in Österreich-Ungarn die Verhaftung; er geht nach Zürich, wo er über Vermittlung von Ezra Pound die englische Feministin und Verlegerin Harriet Shaw Weaver kennenlernt, die ihn zeitlebens finanziell unterstützt. 1922 beendet Joyce an seinem 40. Geburtstag die Arbeit an "Ulysses", den im gleichen Jahr Shakespeare & Company veröffentlicht. 1939 erscheint "Finnegans Wake" in London. 1940 muss Joyce aus Paris vor der anrückenden Deutschen Wehrmacht fliehen und kehrt nach Zürich zurück.
Klaus Buhlert, geboren 1950, lebt seit seiner Flucht aus der DDR ab 1972 in Berlin. Nach einem Studium der Musik, Akustik und Informatik ging er an das Massachusetts Institute of Technology in Cambridge/ USA und erhielt danach einen Lehrauftrag der Elektronischen und der Computer-Musik an der Technischen Universität Berlin. 1983 lernte er den Regisseur George Tabori kennen und schrieb für ihn bis 1995 zahlreiche Bühnenmusiken. Daneben schuf er weitere Theater- und FIlmmusiken, u.a. für den Film "Natural Born Killers" von Oliver Stone. Seit 1992 arbeitet Buhlert zumeist in Personalunion als Autor, Bearbeiter, Komponist und Regisseur für das ARD-Hörspiel. Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen: u.a. Deutscher Hörbuchpreis für "Der Mann ohne Eigenschaften" nach Robert Musil; Hörspiel des Jahres für "Mosaik" nach Konrad Bayer 2004; Preis der Akademie der Künste 2001 für "Die Reise" nach Bernward Vesper.
Produktions- und Sendedaten
- Südwestrundfunk / Deutschlandradio 2012
- Erstsendung: 08.01.2012 | SWR2 | 44'22
Veröffentlichungen
- CD-Edition: Der Hörverlag 2012
Auszeichnungen
- Deutscher Hörbuchpreis 2013 (Bestes Hörspiel)
- hr2-Hörbuchbestenliste August 2013 (1. Platz)
- hr2-Hörbuchbestenliste Juli 2012 (1. Platz)
- hr2-Hörbuchbestenliste August 2012 (2. Platz)
- Preis der Deutschen Schallplattenkritik 2012 (4. Quartal)
- Hörbuch des Jahres 2012 (hr2-Hörbuchbestenliste) (CD-Edition)
Rezensionen (Auswahl)
- Stefan Fischer: Bloomsday. In: Süddeutsche Zeitung 07.01.2012, S. 19.
- Gaby Hartel: Ein liebenswertes Buch. In: epd Medien 22.06.2012, S. 3.
- N.N.: Mein Tag mit Mr. Bloom. In: Stuttgarter Zeitung 18.06.2012.
- Stefan Fischer: Große Fragen. 22 Stunden »Ulysses«: ein wahnwitziger Radiotag beim SWR. In: Süddeutsche Zeitung 15.06.2012, S. 17.
- Alexander Cammann: Die verführerischsten Sätze. In: Die Zeit 14.06.2012, S. 53.
- Jan Scheper: »Das Hörspiel konzentriert sich auf das schönste Organ«. In: die tageszeitung 14.06.2012, S. 15.
- Ricarda Bethke: »Ulysses« im Radio: Eine Dauersendung der besonderen Art. In: Freitag 14.06.2012, S. 1.
- Jochen Schmidt: Jedes Leben ist ein Epos. In: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung 10.06.2012, S. 31.
- Eva-Maria Lenz: Der unvergessliche Tag. In: Funkkorrespondenz 08.06.2012, S. 24.
- Christian Brückner: Bloomsday auf allen Kanälen. In: epd Medien 07.06.2012.
- Stefan Fischer: Parallelwelten. In: Süddeutsche Zeitung 13.04.2012, S. 15.