Hörspielbearbeitung

Autor/Autorin: James Joyce

Ulysses (9. Teil: Skylla und Charybdis)

Szene: Bibliothek; Uhrzeit im Roman: 14 Uhr; Organ: Gehirn; Kunst: Literatur; Symbol: Stratford/London; Technik: Dialektik

Vorlage: Ulysses (Roman, englisch)
Übersetzung: Hans Wollschläger
Bearbeitung (Wort): Klaus Buhlert
Komposition: Klaus Buhlert
Dramaturgie: Manfred Hess
Technische Realisierung: Andreas Meinetsberger, Klaus Buhlert

Regie: Klaus Buhlert

  • Weitere Mitwirkende

    Sprecher/SprecherinRolle/Funktion
    Manfred ZapatkaErzähler
    Jens HarzerStephen Dedalus
    Hans Werner MeyerGeorge Russell
    Lars RudolphMr. Lyster, Diener
    Werner WölbernBuck Mulligan
    Jacqueline MacaulayStimme
    Felix von Manteuffel

Dem 9. Teil, gab  Joyce den Namen "Skylla und Charbdyis" .Dieses Kapitel hat vermutlich viele Leser dazu verführt, die Lektüre abzubrechen. Deshalb erlauben wir uns eine etwas ausführlichere Einführung. Joyce hat hier die Literaturgeschichte sehr anspielungsreich und ironisch verfremdet. Handlungsort ist die Dubliner Bibliothek. In der Geschichte ist es 14 Uhr. Hauptfigur ist wieder der junge Schriftsteller Stephen Dedalus, der kürzlich aus Paris nach Dublin zurückgekehrt ist – ans Totenbett seiner Mutter. Er steht hier für die Figur des Odysseus. Joyce hat das Orientierungsraster der  "Odyssee" immer frei genutzt, so dass die Odysseus-Figur nicht immer Leopold Bloom zuzuordnen ist. Stephen also diskutiert in der Bibliothek mit Intellektuellen der Stadt über Literatur und Shakespeare.  Wie der Dramatiker sich nach seiner Einschätzung zwischen der Metropole London und dem kleinstädtischen Stratford entscheiden musste, so sieht Stephen sein Leben zerrissen zwischen Paris und dem provinziellen Dublin. Er fragt sich, ob er hier wirklich als Künstler und Gelehrter um Anerkennung ringen soll.  Dieser Konflikt bedroht ihn existenziell  – wie  die Meerenge von Skylla und Charbydis  den Odysseus auf seiner Heimfahrt nach Ithaka. Stephen will diesen Konflikt überwinden, im dialektischen Sinne aufheben und provoziert deshalb seine Zuhörer bewusst. In theatralischem Gestus leitet er die Hamlet-Figur von William Shakespeare aus der Biografie des Dramatikers ab. Die Hörspiel-Inszenierung ist hier so frei, die Hexen aus dem "Macbeth" erscheinen zu lassen. Die Diskussionsrunde, zu der sich später Buck Mulligan gesellt, ist beeindruckt, wenn auch nicht überzeugt von Stephens Argumenten. Für den Fortgang des Romans ist es bedeutsam, dass beim Verlassen der Bibliothek sich die Wege von Stephen und Leopold Bloom, der anderen Hauptfigur des Joyceschen "Ulysses", kreuzen. Gerade Mulligans abschätzige Bemerkungen über Bloom lenken Stephens Aufmerksamkeit auf ihn. Bloom und Stephen haben etwas gemeinsam: Sie sind in Dublin Außenseiter. Später finden beide für kurze Zeit zueinander wie Vater und Sohn, Telemachos und Odysseus.

Weitere Informationen
James Joyce, geboren am 2. Februar 1882 in Dublin, gestorben am 13. Januar 1941 in Zürich, studiert nach seiner Schulzeit an den jesuitischen Colleges Congowes Wood und Belvedere moderne Sprachen. Anschließend bricht er zu seinem ersten Parisaufenthalt auf. Nach Dublin kehrt er 1903 aufgrund der Erkrankung seiner Mutter zurück, die kurz darauf stirbt. Am 16. Juni 1904 führt Joyce seine spätere Lebensgefährtin Nora Barnacle zum ersten Mal aus (dieses Datum wird als ›Bloomsday‹ im "Ulysses" verewigt); das Paar verlässt Irland und versucht zunächst in Zürich, dann in Pula Fuß zu fassen. Andauend in Geldnot arbeitet Joyce als Englischlehrer in Triest und beendet 1906 seinen Erzählband "Dubliners", der erst 1914 veröffentlicht wird. Daraufhin beginnt er mit seiner Arbeit am "Ulysses". 1916 erscheint "A Portrait of the Artist as a Young Man". Während des Ersten Weltkriegs droht Joyce als britischem Staatsbürger in Österreich-Ungarn die Verhaftung; er geht nach Zürich, wo er über Vermittlung von Ezra Pound die englische Feministin und Verlegerin Harriet Shaw Weaver kennenlernt, die ihn zeitlebens finanziell unterstützt. 1922 beendet Joyce an seinem 40. Geburtstag die Arbeit an "Ulysses", den im gleichen Jahr Shakespeare & Company veröffentlicht. 1939 erscheint "Finnegans Wake" in London. 1940 muss Joyce aus Paris vor der anrückenden Deutschen Wehrmacht fliehen und kehrt nach Zürich zurück. Klaus Buhlert, geboren 1950, lebt seit seiner Flucht aus der DDR ab 1972 in Berlin. Nach einem Studium der Musik, Akustik und Informatik ging er an das Massachusetts Institute of Technology in Cambridge/ USA und erhielt danach einen Lehrauftrag der Elektronischen und der Computer-Musik an der Technischen Universität Berlin. 1983 lernte er den Regisseur George Tabori kennen und schrieb für ihn bis 1995 zahlreiche Bühnenmusiken. Daneben schuf er weitere Theater- und FIlmmusiken, u.a. für den Film "Natural Born Killers" von Oliver Stone. Seit 1992 arbeitet Buhlert zumeist in Personalunion als Autor, Bearbeiter, Komponist und Regisseur für das ARD-Hörspiel. Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen: u.a. Deutscher Hörbuchpreis für "Der Mann ohne Eigenschaften" nach Robert Musil; Hörspiel des Jahres für "Mosaik" nach Konrad Bayer 2004; Preis der Akademie der Künste 2001 für "Die Reise" nach Bernward Vesper. 

Rufus Beck spricht die Rolle des O'Molloy und den Erzähler (l.) und Regisseur Klaus Buhlert
© SWR/Conny Fischer/Hörverlag
Rufus Beck spricht die Rolle des O'Molloy und den Erzähler (l.) und Regisseur Klaus Buhlert © SWR/Conny Fischer/Hörverlag

Produktions- und Sendedaten

  • Südwestrundfunk / Deutschlandradio 2012
  • Erstsendung: 16.06.2012 | SWR2 | 42'50

Veröffentlichungen

  • CD-Edition: Der Hörverlag 2012

Auszeichnungen

  • Deutscher Hörbuchpreis 2013 (Bestes Hörspiel)
  • hr2-Hörbuchbestenliste August 2013 (1. Platz)
  • hr2-Hörbuchbestenliste Juli 2012 (1. Platz)
  • hr2-Hörbuchbestenliste August 2012 (2. Platz)
  • Preis der deutschen Schallplattenkritik 2012 (Bestenliste 4. Quartal)
  • Hörbuch des Jahres 2012 (hr2-Hörbuchbestenliste)

Rezensionen (Auswahl)

  • Stefan Fischer: Bloomsday. In: Süddeutsche Zeitung 07.01.2012. S. 19.
  • Gaby Hartel: Ein liebenswertes Buch. In: epd Medien 22.06.2012. S. 3.
  • N.N.: Mein Tag mit Mr. Bloom. In: Stuttgarter Zeitung 18.06.2012.
  • Stefan Fischer: Große Fragen. 22 Stunden »Ulysses«: ein wahnwitziger Radiotag beim SWR. In: Süddeutsche Zeitung 15.06.2012. S. 17.
  • Alexander Cammann: Die verführerischsten Sätze. In: Die Zeit 14.06.2012. S. 53.
  • Jan Scheper: »Das Hörspiel konzentriert sich auf das schönste Organ«. In: die tageszeitung 14.06.2012. S. 15.
  • Ricarda Bethke: »Ulysses« im Radio: Eine Dauersendung der besonderen Art. In: Freitag 14.06.2012. S. 1.
  • Jochen Schmidt: Jedes Leben ist ein Epos. In: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung 10.06.2012. S. 31.
  • Eva-Maria Lenz: Der unvergessliche Tag. In: Funkkorrespondenz 08.06.2012. S. 24.
  • Christian Brückner: Bloomsday auf allen Kanälen. In: epd Medien 07.06.2012.
  • Stefan Fischer: Parallelwelten. In: Süddeutsche Zeitung 13.04.2012. S. 15.
  • Elmar Krekeler: Große polyphone Sprachoper. In: Funk-Korrespondenz. 08.03.2013. S. 3.

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