Originalhörspiel
Autor/Autorin:
"Auditor"
Mordaffäre Duppler
Regie: Rieth
Weitere Mitwirkende
Sprecher/Sprecherin Rolle/Funktion Bernhard Ernst Der Radioreporter Hans Grell Der Kriminalrat, Chef der Mordkommission Albert Oettershagen Der Gerichtsrat Bernhard Majewski Heinrich Meckel, Großvater der Getöteten René Deltgen Emil Duppler, Metzgergeselle Rudolf Rieth Landgerichtsdirketor Körber, Vorsitzender des Schwurgerichts Paul Barleben Landgerichtsrat Wiener (Beisitzer des Schwurgerichts) Hanns Rimbeck Landrichter Zinn (Beisitzer des Schwurgerichts) Otto Blumenthal Wilhelm Markgraf, Werkmeister (Geschworener) Walter Hiller Detlev Hinricius, Apotheker (Geschworener) Willi Stassar Jean Kurz, Garagenbesittzer (Geschworener) Richard Weimar Aloys Bingert, Fabrikarbeiter (Geschworener) Martha Walter Frieda Angermayer, Hausfrau (Geschworene) Lilli Bader Traute Firleburg, Sozialassistentin (Geschworene) Josef Kandner Dr. Kurt Wolff, Staatsanwaltschaftsrat Richard Ulrich Rechtsanwalt Dr. Hans Ulbrich, Verteidiger Josef Kögel Polizeiwachtmeister Wollner Carl Raaf Justizwachtmeister Carl Heil Zeitungsverkäufer
Der Westdeutsche Rundfunk bringt seinen Hörern am Freitag, den 26. Juli ein neues Hörspiel, das - wie die Fama berichtet - zwei Frankfurter Rechtsanwälte zu Verfassern hat. Im Mittelpunkt dieses Spiels steht die dramatische Schwurgerichtsverhandlung gegen den Metzgergesellen Emil Duppler, der des vorsätzlichen Mordes an seiner Geliebten angeklagt ist.
Eine dem Vorwurf nach nicht sonderlich originelle, aber stets die Allgemeinheit anziehende und aufwühlende Angelegenheit. Das vorliegende Hörspiel begnügt sich nun nicht damit, lediglich die Linie der vielfach erprobten dramatischen Vorgänger wie: "Der Fall Clemenceau", "Die rote Robe", "Die fremde Frau", "Der Prozess Mary Dugan" usw. weiter zu verfolgen, sondern mündet in eine, in den meisten Kulturstaaten wieder und wieder aufgeworfene, brennende Gegenwartsfrage aus. Sie lautet: Hat die menschliche Gesellschaft das Recht, eine Mordtat mit dem Tode des Deliquenten zu sühnen? Oder hat sie dieses Recht nicht? Wie urteilt darüber der Jurist, der Volkswirtschaftler, der Geistliche, der Staatsbürger, der kleine Mann und das Volk in seiner Gesamtheit? Gerade in unseren Tagen ist diese viel umstrittene Frage neuerlich akut geworden und durch die für und wider lautenden Diskussionen im Reichstag in den Brennpunkt des allgemeinen Interesses gerückt. In unserem Hörspiel wird unter anderem an Hand von Beispielen aufgezeigt, wie gebunden an die Umwelt der Mensch im Grunde doch ist, und wie Entscheidungen von größter Tragweite - hier der Geschworenenspruch über Sein oder Nichtsein eines schuldig gewordenen Mitmenschen - aus Herkunft, Erziehung, Erfahrungen, Rücksichten, Vorurteilen, Meinungen und Überlieferungen individuell sich herleiten und furchtbar an Form gewinnen. Da ist der Geschworene Wilhelm Markgraf, seines Zeichens Werkmeister; ein biederer, arbeitsamer und streng rechtlich zu denken vermeinender Mann: ganz Bibeldogma und Autoritätsglaube. Da ist der Jüngste der Geschworenen: der Fabrikarbeiter Aloys Bingert; sozialistischer Weltanschauung, mit ideologisch-schwärmerischem Einschlag, aber "das Herz auf dem rechten Fleck" und Anwalt aller Geknechteten. Da ist weiter: der Apotheker Detlev Hinricius; ein Mann von akademischen Graden, korrekt, unantastbar, "in Treue fest". Ein weiterer Geschworener: Der Garagenbesitzer Jean Kurz; Geschäftsmann, Steuerfeind und mundartlich dick auftrumpfender Biedermann. Da sind endlich die beiden weiblichen Geschworenen: Frieda Angermayer, die gutbürgerliche Hausfrau und eifrige Traditionenbewahrerin, mit der rundlichen Fülle und dem guten Gewissen, sowie endlich die freimütige, warmherzig-blutvolle Sozial-Assistentin Traute Firlburg. -
Wie steht nun jeder dieser Menschen zu der ungeheuren Verantwortung, die ihm aus der endgültigen schwurgerichtlichen Abstimmung erwächst? - Nun, jeder von ihnen glaubt nach bestem Wissen und Gewissen zu handeln und handelt so, wie er seinem Naturell und seiner Überzeugung nach zwangsläufig handeln muss. Lassen Sie uns den Kern des Hörspiels, er sei süß oder bitter, erst bei der Aufführung nachdenksam genießend herausschälen! - Nur soviel sei noch gesagt, dass das Stück schlagkräftig, kurz und überaus s p a n n e n d ist. Die Handlung begibt sich zu Altstadt im Jahre 1929. Die drei Schauplätze sind: der Tatort des Mordüberfalls, der Schwurgerichtssaal und das Beratungszimmer des Gerichts. - Die Kardinalfrage des Ganzen ist: besteht die Gültigkeit des alten Bibelwortes "Wer Blut vergießt, dessen Blut soll wieder vergossen werden" heute noch zu Recht? - Versuchen S i e in dieser Sache sich als Geschworener zu fühlen. Wie würde I h r Abstimmungsvotum gelautet haben? (R. R.: Werag. 4. Jahrgang. Heft 29. 21. Juli 1929. S. 17)

Produktions- und Sendedaten
- WERAG - Westdeutsche Rundfunk AG (Köln) 1929
- Erstsendung: 26.07.1929 | 21:00 Uhr
Livesendung ohne Aufzeichnung
Grundlage der Datenerhebung: Nachlass Karl Block (Hörspiele); Der Deutsche Rundfunk (Programmzeitschrift)
Rezensionen (Auswahl)
- Lynx: Das Ohr im Äther: Die Sendung. 6. Jahrgang. 02.08.1929. Heft 31. S. 500.
- W. Ko.: Kritik - Rasende Räder im Funk!: Der Deutsche Rundfunk. 7. Jahrgang. 09.08.1929. Heft 32. S. 1033.