Hörspielbearbeitung

Autor/Autorin: Elias Canetti

Die Blendung (1.Teil)

Vorlage: Die Blendung (Roman)
Bearbeitung (Wort): Klaus Buhlert
Komposition: Klaus Buhlert
Redaktion: Herbert Kapfer, Katarina Agathos, Peter Klein
Technische Realisierung: Josuel Theegarten, Anna Kuncio, Andreas Meinetsberger, Daniela Röder, Stefan Wirtitsch
Regieassistenz: Stefanie Ramb, Andrea Imler

Regie: Klaus Buhlert

  • Weitere Mitwirkende

    Sprecher/SprecherinRolle/Funktion
    Manfred ZapatkaErzähler
    Samuel FinziPeter Kien
    Birgit MinichmayrTherese Krumbholz
    Johannes SilberschneiderM1 - akustische Maske , Mann
    Wolfgang BöckMS - akustische Maske
    Uli MaierM3 - akustische Maske
    Simon MorzéFranz Metzger
    Gerald VotavaHausierer
    Hanno PöschlBlinder
    Karl MarkovicsGeorg Kien
    Gerti DrasslTochter
    Branko SamarovskiKommandant
    Thomas KamperBeamter
    Florian TeichtmeisterSchneider

Eine mehrteilige "Comedie humaine an Irren" sollte es werden, doch von dem ursprünglichen Pandämonium, bevölkert von Typen wie dem religiösen Fanatiker, dem Wahrheitssucher oder dem Phantasten blieb allein "der Büchermensch" übrig: Peter Kien. Er ist Protagonist von Elias Canettis erstem und einzigen Roman Die Blendung, der 1931 entstand, 1935 im Wiener Verlag Herbert Reichner erschien, dem Autor aber erst in den 1960er Jahren breite Anerkennung einbrachte. Erzählt wird der Weg des Privatgelehrten und Sinologen Peter Kien in den Wahnsinn. Kien, der seit Jahren nur noch für und in seiner riesigen Privatbibliothek lebt, ein "Kopf ohne Welt" - so der Titel des ersten Teils -, wird von seiner geldgierigen Haushälterin Therese Krumbholz, die ein Faible für Bücher vortäuscht, zur Heirat verführt. Die Ehe gestaltet sich als Kampf zweier Wahnwitziger, in dem Kien den Kürzeren zieht, aus der Wohnung vertrieben wird und in der Wiener Halbwelt landet. Konfrontiert mit einer "Kopflosen Welt" begegnet Kien dort dem Kleinkriminellen und Schachfanatiker Fischerle, der es auch nur aufs Geld abgesehen hat. Im dritten Teil "Welt im Kopf" tritt der Bruder Georg auf den Plan, wirft Therese mit ihrem Liebhaber, dem gewalttätigen Hausverwalter Pfaff, aus der Wohnung und versorgt den Professor wieder mit Geld. Im furiosen Schlusskapitel setzt der wahnsinnig gewordene Kien seine Bibliothek und sich selbst in Brand: ein Autodafé unter schallendem Gelächter.  Angesichts des Nomadenlebens der Jugendzeit, angesichts von Massenaufläufen und der Inbrandsetzung des Wiener Justizpalastes durch demonstrierende Arbeiter im Jahr 1927 und angesichts der emotionalen Kälte der Großstadtmenschen im gehetzten Berlin der 20er Jahre war Elias Canetti klar geworden: "Die Welt war zerfallen, und wenn man den Mut hatte, sie in ihrer Zerfallenheit zu zeigen, war es noch möglich, eine wahrhafte Vorstellung von ihr zu geben." Statt beschönigender Ästhetisierung oder singulärem Erzählerstandpunkt wollte Canetti mit Extremfiguren und Außenseiterexistenzen Schlaglichter auf die Welt, auf "Figuren am Rande des Irrsinns" werfen. Die "wahrhafte Vorstellung" von einer chaotischen Welt gestaltete er in Die Blendung demnach als minutiöse Nachzeichnung einzelner, unvereinbarer Wahnwelten. Schonungslos führt der Text in brachiale Kosmen der Verblendung und die Privatmythen der Figuren sind Ausdruck von Welt- und Selbstentfremdung, deren "realistische" Darstellung in Entmenschlichung, ins Animalische, in die Groteske mündet. Die Mischung aus Erzählung, innerem Monolog, erlebter Rede und aus vom Autor aus seinem tatsächlichen Erfahrungsumfeld aufgegriffenen Dialogen vermittelt diesen Wahnsinn auch als einen sprachlichen, der gegenseitige Verständigung unmöglich werden lässt. In der literarischen Tradition eines Johann Nestroy, Karl Kraus oder Franz Kafka führt Canetti den Kampf zwischen Geist und Wirklichkeit bis zum Zusammenbruch abendländischer Ratio, der auch das faschistische Desaster vorzeichnet.

Weitere Informationen
Elias Canetti (1905-1994) war Schriftsteller. Er erhielt 1972 den Georg-Büchner-Preis und 1981 den Nobelpreis für Literatur.

Klaus Buhlert wurde 1950 geboren. Er studierte Musik, Akustik und Informatik in Magdeburg, Berlin und Cambridge (USA). Nach mehrjähriger Arbeit als Dozent für Elektronische und Computer-Musik gründete er 1986 ein eigenes Produktionsstudio in Berlin. Seitdem arbeitet er als freier Komponist und Hörspielregisseur. Für "Der Mann ohne Eigenschaften. Remix" (2004) gewann er den Deutschen Hörbuchpreis.

Wolfram Berger als Herr Grob
Bild: BR/Andrea Imler
Wolfram Berger als Herr Grob Bild: BR/Andrea Imler

Produktions- und Sendedaten

  • Bayerischer Rundfunk / Österreichischer Rundfunk 2013
  • Erstsendung: 06.10.2013 | Bayern 2 | 54'28

Veröffentlichungen

  • CD-Edition: Der Hörverlag 2013

Auszeichnungen

  • hr2-Hörbuchbestenliste Dezember 2013 (1. Platz)

Rezensionen (Auswahl)

  • Stefan Fischer: Die Wahnsinnigen - Canettis "Die Blendung" als zwölfteiliges Hörspiel. In: Süddeutsche Zeitung. 05.10.2013. S. 42.
  • Jens Bisky: Eine Welt zerfällt. In: Süddeutsche Zeitung. 03.12.2013. S. V2/10 (zur CD- Ausgabe).
  • Andreas Platthaus: Hörbücher - Was sucht der Chinese hinter der akustischen Maske? - Ton ohne Kopf: Manfred Zapatka und Samuel Finzi sprechen im Hörpsiel "Die Blendung" nach dem Roman von Elias Canetti. Geglückt ist das Großprojekt nur teilweise. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 07.12.2013. S. 32 (zur CD- Ausgabe).
  • Norbert Schachtsiek-Freitag: Pandämonium mit monströsen Gestalten. In: Funk-Korrespondenz. 20.12.2013. S. 30.

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