Originalhörspiel
Autor/Autorin:
Walter Benjamin
Radau um Kasperl
Komposition: Peter Kaizar
Technische Realisierung: Daniel Senger, Wolfgang Rein, Sonja Röder
Regieassistenz: Nicole Paulsen
Regie: Ulrich Lampen
Weitere Mitwirkende
Sprecher/Sprecherin Rolle/Funktion Wolfgang Maria Bauer Kasperl Rainer Bock Herr Maulschmidt Bernd Gnann Der Speisewirt Ralph Hönicke Der Karusselmann Volkert Kraeft Der Budenbesitzer Christian Klischat Der Schiessbudenmann Jannek Petri Der Löwenwärter Christiane Roßbach Puschi, Kasperls Frau Nadine Kettler Herr Gericke Sebastian Mirow Herr Mittmann Martin Graff Stationsvorsteher Holger Stolz Der erste Schütze Thorsten Klein Der zweite Schütze Maja Schäfermeyer Das erste Kind Yann Ernst Das zweite Kind Camille Schäfermeyer Das dritte Kind Horst Hildebrand Chauffeur Ulrich Lampen Stimme Kirstin Petri Fräulein Nicole Paulsen Neue Stimme
"Radau um Kasperl" wurde am 10. März 1932 im Südwestdeutschen Rundfunk das erste Mal ausgestrahlt. Walter Benjamin schrieb das Stück, um Kindern das
Medium Rundfunk vorzustellen. Herr Maulschmidt erklärt Kasperl, wie ein Radio funktioniert, aber Kasperl kapiert es nicht. Er hält das Radio für eine Art Telefon –
das ist aber gar nicht so dumm, wie wir heute wissen, es
ist fast die Vision vom Internet! Auf dem Weg zum Markt trifft Kasperl Herrn Maulschmidt. Der arbeitet als Sprecher beim Rundfunk und lädt Kasperl in seine Sendung ein. Kasperl findet das toll, denn wenn alle ihn hören, dann hört ihn auch sein
Freund Seppl, auf den er ordentlich sauer ist. Indem er
ihn im Radio übel beschimpft, löst er einen Shitstorm
aus, die Anstaltsangestellten wollen ihn festsetzen, aber
Kasperl gelingt die Flucht. Eine wilde Verfolgungsjagd führt Kasperl zum Bahnhof,
wo er durch einen Trick den Zug verfrüht losfahren lässt.
Sowohl im China-Restaurant als auch auf dem Jahrmarkt
verteilt Kasperl großzügig Ohrfeigen – sogar, um philosophische Fragen zu klären. Doch plötzlich tauchen seine Verfolger aus dem Rundfunk wieder auf, und Kasperl versteckt sich als Schießbudenfigur in einer Schießbude. Da wird es nun freilich brenzlig. Was, wenn jetzt einer zur Waffe greift? Wie kann sich Kasperl aus dieser Zwangslage befreien, um am Ende doch noch beim Radio zu landen? Ihm schweben ziemlich brutale Maßnahmen vor,
um sein Ziel zu erreichen. Aber Kasperl hat nicht mit der
Gewitztheit von Herrn Maulschmidt gerechnet, der ihm
eine verblüffende Lösung anbietetet.
Walter Benjamins Jugendfreund Ernst Schoen verschaffte Benjamin die Möglichkeit, das Hörspiel zu realisieren. Schoen, Komponist, Autor und Rundfunkpionier,
schrieb auch die Musik für die Urfassung. Sie ist nur zu einem kleinen Teil erhalten.
Weitere Informationen
Walter Benjamin (1892 – 1940) geboren in Berlin, war ein
deutscher Philosoph, Kulturkritiker und Übersetzer der Werke von Honoré de
Balzac, Charles Baudelaire und Marcel Proust. Seine Familie gehörte dem assimilierten Judentum an. 1923/24 lernte er in Frankfurt am Main Theodor W.
Adorno und Siegfried Kracauer kennen und zählte fortan zur Frankfurter Schule. Der Versuch, sich mit der Arbeit "Ursprung des deutschenTrauerspiels" an der Frankfurter Universität zu habilitieren, scheiterte. Benjamin wurde nahegelegt, sein Gesuch zurückzuziehen, was er 1925 auch tat. Sein Interesse für den Kommunismus führte ihn für mehrere Monate nach Moskau. Zu Beginn der 1930er-Jahre verfolgte er gemeinsam mit Bertolt Brecht publizistische Pläne und arbeitete für den
Rundfunk. Die Machtübernahme der Nationalsozialisten zwang
Benjamin, im September 1933 ins Exil zu gehen. Im französischen
Nevers wurde er 1939 für drei Monate mit anderen deutschen
Flüchtlingen in einem Sammellager interniert. Im September
1940 unternahm er den vergeblichen Versuch, über die Grenze
nach Spanien zu gelangen. Um seiner bevorstehenden Auslieferung an Deutschland zu entgehen, nahm er sich das Leben. Er starb in Portbou/Spanien.
Produktions- und Sendedaten
- Südwestrundfunk / Mitteldeutscher Rundfunk 2018
- Erstsendung: 01.01.2019 | SWR2 | 54'39