Originalhörspiel

Autor/Autorin: Arnold Krieger

Neun Zeilen Nonpareille

Technische Realisierung: Jochen Jähnert, Esther Zeiler

Regie: Hanns Korngiebel

  • Weitere Mitwirkende

    Sprecher/SprecherinRolle/Funktion
    Hans SöhnkerLeonhard
    Gisela von CollandeAlwine
    Konrad WagnerClemens
    Agnes WindeckFrau Professor Böhm
    Luitgard ImCilli
    Albert JohannesDer Reisende
    Reinhold BerntDer Schaffner
    Dorothea ThiessDie Putzfrau
    Harry LangewischDr. Veit
    Otto BramlSturgenkamp
    Günter PfitzmannHubert

Trotz der gewaltigen Zerstörungen und Schäden in allen Bezirken, die der Zweite Weltkrieg hinterlassen hatte, schien es zunächst, als ob sich die Begegnungen und Beziehungen der Menschen untereinander erleichtert hätten - als ob man über Konventionen, gesellschaftliche Bindungen und über alle Vorurteile hinweg nun besser und aufrichtiger zueinander kommen könne. Aber nach einem Jahrzehnt ist die flüssige Entwicklung schon wieder erstarrt, die Impulse sind verkrustet, Satzungen des Bürgerlichen, des Althergebrachten gelten. Mit diesen Fragen beschäftigt sich der Soziologe Leonhard, der gerade im Begriff ist, den Übergang vom außerordentlichen zum ordentlichen Professor zu vollziehen. Auch darin beginnt sich sein Leben dem bewährten Bürgertum anzugleichen, daß er die Tochter eines Kollegen heiraten soll und will. Das wird der Karriere förderlich sein. Aber das ursprüngliche Wesen in ihm ist noch nicht zur Ruhe und Resignation gekommen. Ein Erlebnis während einer Eisenbahnfahrt läßt Zugedecktes wieder in ihm aufbrechen. Auf einer Aussichtsplattform des Zuges spricht ihn ein junges Mädchen an, ganz unkonventionell. Und wenig später stürzt sich die Unbekannte auf die Gleise. Da wird Leonhard klar, daß die scheinbar so bedeutungslosen Worte, die er aus Müdigkeit, aus Gleichgültigkeit nicht aufnahm, ein schicksalhafter Anruf waren. Er war der Letzte, der zu dem Mädchen sprach, bevor es zum Freitod auf die Schienen sprang. Hätte ein bedachtes, ein gutes Wort - sein Wort - einen Menschen retten können? Leonhard erfährt durch eine neunzeilige Zeitungsnotiz - in Nonpareille gesetzt - von dem weiteren Verlauf des Unglücks. Das Mädchen ist schwerverletzt in eine Klinik eingeliefert worden. Dieses Wissen und die Folgerungen, die er zieht, stürzen ihn in schwerste Konflikte. Im vollen Bewußtsein und zum nicht geringen Erstaunen seiner Umwelt gibt er bürgerliche Sicherung und Verlobung auf und stürzt sich in ein Abenteuer. Er reist dem Mädchen nach - diesem Menschen, der ihn braucht, für dessen Anruf er zuerst taub war. Hier ist eine zutiefst menschliche Aufgabe, mit der er die in Not geratene Lebensflüchtige und sich selber heilen kann.

Quellen zum Hörspiel - © DRA/Michael Friebel

Produktions- und Sendedaten

  • RIAS Berlin 1956
  • Erstsendung: 28.03.1956 | RIAS 1 | 85'07

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