Hörspiel

Autor/Autorin: Wilhelm Lichtenberg

Helden sind komische Leute

Komposition: Olaf Bienert
Technische Realisierung: Gerhard Neumann

Regie: Hanns Korngiebel

  • Weitere Mitwirkende

    Sprecher/SprecherinRolle/Funktion
    Leopold RudolfBernhard Oberlin
    Maria KrasnaElse, seine Frau
    Hilde VolkHilde Sommerauer
    Ernst SattlerBankier Schnabel
    Otto MatthiesNiedermatt
    Otto BramlHolzmann
    Helmut AhnerPhotoreporter
    Franz WeberLinhard
    Reinhold BerntKommissar
    Walter BluhmKanzlist
    Hans PutzDer Autor
    Plüss
    Reiser
    Gerd Martienzen
    Erwin-Walter Zipser
    Aenne Bruck
    Harry Wüstenhagen

Bernhard Oberlin, der Held dieses Hörspiels, ist einer von jenen, die unfreiweillig und sicher contre coeur vom Schicksal die Heldengloriole aufs Haupt gesetzt bekommen. Er war zeitlebens ein kleiner Mann, der sich weder in der Familie noch im Beruf durchsetzen konnte und der dem Leben nur so viel abforderte, wie es ihm sozusagen als Almosen zugestand. Ein besserer Bankbote ist er, unser Herr Oberlin, und nicht einmal in dieser bescheidenen Funktion scheint er von seinem Chef besonders geschätzt zu werden. Wie aber, wenn so ein Bankbote eines dämmerigen Herbstabends im Hausflur seiner Privatbank mit vorgehaltenem Revolver aufgefordert wird, die Fünfundsiebzigtausend auszuliefern, die er in seiner Aktentasche trägt? Und wenn sich nun Herr Oberlin in seiner Angst an den Arm des Räubers klammert und so verzweifelt festhält, daß jener aktionsunfähig wird? Und wenn das, was nichts anderes als eben Angst und Feigheit war, durch eine besondere Laune des Schicksals nun als Heldentat gewertet wird, weil er auf diese Weise für sein Bankhaus die Fünfundsiebzigtausend rettete? Ein kleines Leben kann der Mensch nach seinem Willen gestalten. Das Leben eines Helden aber gehört der Öffentlichkeit. Und Herr Bernhard Oberlin ist mit einem Schlage in das grellste Scheinwerferlicht dieser Öffentlichkeit gerückt. Dier kleine Mann wird, ohne es zu wollen, ein großer. Die Zeitungen machen ihn zum Helden des Tages. Sein Leben wird - man kann es schon so nennen - ferngesteuert. Oberlin hat keinen Einfluß mehr auf das, was er tut, denkt und spricht. Bis dann ebenso plötzlich ... Ach, die Seifenblase kann man nicht in in den Safe tun. Sie löst sich, schillernnd und kapriziös, in ein Nichts auf. Und Herr Oberlin, der in Wahrheit aus der Zeitung stammt und wirklich lebte, kann noch froh sein, daß ihm der Autor des Hörspiels ein gnädigeres Schicksal bereitete, als seinem Vorbild, mit dem es ein schlimmes Ende nahm. Welche Enttäuschung immer unser Held in der einen Spielstunde erleben mag: er bleibt wenigstens am Leben.

Quellen zum Hörspiel - © DRA/Michael Friebel

Produktions- und Sendedaten

  • RIAS Berlin 1956
  • Erstsendung: 04.07.1956 | RIAS 1 | 90'16

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