ARD-Hörspieldatenbank
Hörspiel
Kronstadts Bericht
Technische Realisierung: Dieter Stratmann, Gabriele Neugroda
Regieassistenz: Angeli Backhausen
Regie: Raoul Wolfgang Schnell
Ein Mann sitzt in einem herbstlichen Gartenlokal, trinkt und bespricht einen Kassettenrekorder. Zwei Frauen beobachten ihn dabei aus einem Versteck heraus, die eine mit wachsendem Skrupel über ihr voyeuristisches Tun, die andere mit wachsender Verärgerung über die Unergiebigkeit des beobachteten Objektes. Interessiert wären sie beide an dem, was der Mann da spricht, aber sie können nicht hören, daß dieser wiederum nur das Gespräch zweier anderer Gäste, Kronstadt und Mehlhaupt, belauscht, welches er bruchstückhaft und kommentierend wiedergibt. Doch auch Kronstadt redet nicht von sich selbst, er erzählt seinem Freund von dem Erlebnis einer Wirtsfrau, das diese mit einem betrunkenen Mann hatte, der sich offensichtlich in einer schwerwiegenden Lebenskrise befand, auf den Punkt gebracht in dem Satz: "Ich denke manchmal, ich benutze meine Frau und die Kinder nur dazu, mir ein System zu schaffen, das mir das Weiterleben möglich macht." Dem Bericht Kronstadts über die Irritation eines Menschen und die Schwierigkeiten, darüber Auskunft zu geben, entspricht die äußere Form: Er ist ein Vexierspiel für Stimmen, das eine überraschende Auflösung findet. Wolfgang Schiffer, Jahrgang 1946, lebt in Köln. Er erhielt mehrere literarische Auszeichnungen und schrieb, u. a. zusammen mit Charles Dürr, bisher fünf Hörspiele. Soeben erschien der Gedichtband "Kalt steht die Sonne".