Originalhörspiel
Autor/Autorin:
Wolfgang Monecke
Corinne und der Scherenschnitt
Regie: Carl Nagel
Weitere Mitwirkende
Sprecher/Sprecherin Rolle/Funktion Kyra Mladek Corinne Oswald Döpke Marc Heinz Klevenow Raoul der Morlac Ludwig Linkmann Moustache Ilse Steppat Grappe de Raisin Inge Fabricius Nicole, ihre Schwester Hans Paetsch Rachelet Erwin Linder Staatssekretär Horst Eisel Lucien Klaus Nägelen Ein junger Mann Gardy Brombacher Kellnerin Ernst Friedrich Lichtenecker Verfolgter Josef Kandner Antiquar Ernst Rottluff Kutscher
"Ein junges Mädchen, Corinne, wird plötzlich versetzt aus ihrer Welt in eine andere, vor der ihr graut. Sie kommt aus dem unbedenklich frohen Paris des jungen Zweiten Kaiserreiches und wird verschlagen an die bretonische Küste - ein Landstrich, der angrenzt an Bereiche, in denen magisch drohende Mächte wohnen und sich des Menschen bemächtigen wollen. Den einzigen Menschen aus ihrer Welt, mit dem sie dort unausweichlich zusammengeführt wird, den Maler Marc, sieht sie diesen Mächten anheimfallen und beinah zum Mörder werden. Sie stellt sich ihnen entgegen, indem sie an seine Rettung ihre ganze unversehrte Existenz setzt. Eine unversehrte Existenz: Denn Corinne, die Tochter einer berühmten Tragödin, hat hinter sich den ganzen restaurativen Glanz und die Zukunftsunbedenklichkeit ihrer Zeit. Aber sie ahnt doch und begreift mehr und mehr, daß hinter der konservativ-optimistischen Außenseite gefährliche Kräfte im Wachsen sind, wie sie unsere heutige Zeit unverstellt kennengelernt hat: Machthunger, Expansionsdrang und der Terror schrankenloser Besitzgier. Der Maler Marc ist schon einmal ihr Opfer geworden; man hat ihn verschleppt und zu Verbrechen gezwungen. Er glaubt sich um jede Möglichkeit zu Leben und Arbeit gebracht, da er hinter allem die nackte Gewalt sieht und das Antlitz der Welt für ihn Sinn und Bedeutung verliert. Das Nebel- und Sturmland am Meer macht nur die Kräfte frei und bewußt, die überall insgeheim zerstörend wirken. Auch Corinne muß einsehen, daß ihre eigenste und scheinbar so sichere Welt unterhöhlt ist und vor ihren Augen zusammenbricht. Da sie sich ganz allein und ins Leere gestoßen weiß, zieht sie das Leben wieder an sich, indem sie sich dem zuwendet, der noch verlorener ist als sie. Sie handelt aus dem Glauben, daß das, was der einzelne an seiner Stelle und für sich tut, mag es nur ihn angehen und einen anderen Menschen, wenn es ohne jeden Vorbehalt und unter Darangabe des ganzen Ich geschieht, Wirkungen haben muß, die sich fortsetzen und schließlich doch, wachsend und undurchschaubar, den bestehenden Weltzustand verändern. Das ist es, was der Handlung für uns Bedeutung gibt. Bestimmte Verhältnisse der Vergangenheit treten, je nachdem unsere eigene Welt sich dreht, in direkte Beziehung zu uns und sprechen bedeutungsvoller und 'zeitgemäßer' als vieles, was scheinbar näher liegt. So gruppiert sich das Stückchen Welt, das unser Hörspiel umschreibt, dergestalt, daß seine Fluchtlinien an unserem Standpunkt zusammenlaufen." (Wolfgang Monecke)
Produktions- und Sendedaten
- Radio Bremen 1954
- Erstsendung: 13.10.1954 | Radio Bremen Hansawelle | 87'25