ARD-Hörspieldatenbank
Hörspielbearbeitung, Monolog
Der Sturz des Engels
Bearbeitung (Wort): Manfred Weber
Komposition: Klaus Buhlert
Technische Realisierung: Peter Kainz, Dagmar Looke
Regie: Jörg Jannings
Ende April, Anfang Mai '45, unmittelbar vor der Kapitulation der Wehrmacht, war der dreiundzwanzigjährige Gefreite Franz Fühmann noch einmal für ein paar Tage auf Genesungsurlaub zu Hause. Auf dem Weg vom Lazarett hatte er antiquarisch einen Band Gedichte gekauft - von jenem Georg Trakl, der, wie sich herausstellte, im ersten Weltkrieg zusammen mit seinem Vater Medikamentenakzessist der österreichischen Armee gewesen war. - Als Fühmann in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre ein Buch über Georg Trakl schrieb, war es zugleich eine exemplarische Autobiographie, ein Buch, in dem er über sein Leben zwischen Poesie und Politik Rechenschaft gab. Denn Trakls Gedichte hatten nicht nur für den Kriegsgefangenen im Kaukasus von dem Untergang gesprochen, den er jetzt erlebte. Trakls Gedichte waren auch der Inbegriff jener spätbürgerlichen Dekadenz, von der sich der auf der Antifa-Schule sozialistisch umerzogene Fühmann eifrig ideologisch zu distanzieren lernte. Und Trakls Gedichte machten später den Konflikt mit der DDR, den Konflikt zwischen Dichtung und Doktrin quälend und schließlich unausweichlich. "Die Poes ie wirkt wie ein Verhängnis." So war Fühmanns Salzburg-Reise im Frühjahr 1977 nicht nur eine Reise zu Georg Trakl, sondern auch eine Heimkehr: zu sich selbst.