ARD-Hörspieldatenbank
Originalhörspiel
Der kleine Tod des Henry G.
Übersetzt aus dem Schwedischen
Übersetzung: Renate Beer
Technische Realisierung: Dietmar Hagen, Steffen Brosig
Regie: Hans Gerd Krogmann
"Puls 35, Urin null, Stuhlgang null..." Der zuverlässige und freundliche, vielleicht ein wenig melancholische Buchhalter Henry G. fühlt sich irgendwie nicht mehr richtig in Form. Er hat keinen Hunger, er braucht keinen Schlaf. Der Bart hört auf zu wachsen. Doktor Claesson allerdings bescheinigt ihm nach wie vor die Gesundheit eines Fünfundzwanzigjährigen. Bloß Lust, mit seiner noch sehr agilen Mama nach Marokko zu fahren, hat er deshalb trotzdem keine. Und mit seiner Freundin Gerda in ein Rostropowitsch-Konzert will er auch nicht. Dafür weist er allen Angestellten irrtümlich ein doppeltes Dezember-Gehalt an. Es ist, als würde sich das Leben in aller Ruhe von ihm verabschieden. Eine Weile kratzt er noch auf seinem geliebten Cello herum, dann geht auch das kaputt. Es macht ihm nichts aus. Ihm kann ja gar nichts passieren. Er ist ja schon tot. Mama braucht sich um ihren ängstlichen und verzagten kleinen Henry keine Sorgen mehr zu machen. Daß er sich probeweise ein Messer ins Herz stößt, ist für die alte Dame dann freilich doch zu viel. Jedenfalls wird sie so diese schreckliche Blamage nicht mehr erleben. Ein Junge findet ihn eines Tages. Er wundert sich über den nackten Mann und den glänzenden Panzer aus Eis auf seiner Haut. Aber da hat sich Henry längst endgültig verflüchtigt. Da suhlt er sich genüßlich in Zimt- und Honigdüften und läßt sich neugierig wie ein Kind durchs Menschengewimmel eines afrikanischen Volksfestes treiben.