Originalhörspiel

Autor/Autorin: Elmar Podlech

Franz Kafka hört noch immer Radio und telefoniert mit schönen Frauen. Porträt eines Mannes vor dem Sterben

Technische Realisierung: Udo Schuster, Marlies von Stedmann
Regieassistenz: Oliver Kraft

Regie: Bernd Lau

  • Weitere Mitwirkende

    Sprecher/SprecherinRolle/Funktion
    Wolfgang BüttnerKafka
    Peter GavajdaLichtwitz
    Angelica DomröseFrühstück
    Dieter EpplerDotter
    Ilse NeubauerMausi
    Klara HöfelsTelefonfee
    Wolfgang ReinschBrotkopp
    Martin SemmelroggeEnkel
    Hans Helmut DickowPfarrer
    Alfred Querbach
    Manfred Boehm
    Christine Davis

"Wer hätte das gedacht, ein Jahrhundertereignis in unserer Familie", läßt sich der Sohn eines Hundertjährigen vernehmen, für den sich die Medien interessieren. Der Hundertjährige, dem die Literaturlexika einen frühen Tod bescheinigen, ist niemand anderes als Kafka, Ahnherr der fortpflanzungstüchtigen Familie Paddelügge, die sich in Wabertskirchen bei Dachau auf das Familienereignis vorbereitet. Auf dem Altenteil sitzt er ebendort, wohlbehütet von seinem Sohn, dem die Biologie nicht nur (professoraler) Beruf, sondern Berufung ist, und dessen Frau, eine Stadträtin, mit allerlei karitativen Ambitionen: "Nächstenliebe ist mein Feld, da ist kein Platz für die Moderne." Die bestrickende Verbohrtheit der Umwelt, die bestrickende Oberflächlichkeit der Interviewerin vom ARD-Nachtprogramm, die altersschwachen Augen - derlei hindert den Jubilar im Hinterstübchen, beim Blick aus dem Fenster ständig das Dachauer KZ vor sich sehen zu müssen. Und so lebt er in der Welt der Erinnerungen, die die Medien von ihm hören wollen, und treibt seine Heimlichkeiten, hört Radio, ruft den Fischer-Verlag an (der sich als -frankfurterisch ausgesprochener- Brotkorb-Verlag meldet), telefoniert hinter Milena her und landet bei einer Telefonfee. - Kein moralingeschwängertes Stück über unser heruntergekommenes Interesse an Kafka, auch kein nachträglicher Geburtstags-Gag zum Kafka-Jubiläum 1983, sondern der Versuch, Kafkas Überzeugung, "daß man, wenn ein Stück geschrieben werden muß, nur bei Operetten lernen kann", beim Wort zu nehmen.

Quellen zum Hörspiel - © DRA/Michael Friebel

Produktions- und Sendedaten

  • Südwestfunk
  • Erstsendung: 11.07.1985 | 62'20

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