Hörspiel
Autor/Autorin:
Walter Oberer
Karl Kunz sucht Julia
Technische Realisierung: Harro Hell Michna, Fröhlich
Regie: Hanns Korngiebel
Weitere Mitwirkende
Sprecher/Sprecherin Rolle/Funktion Josef Meinrad Karl Kunz Heinz Moog Sein Herz Theodor Grieg Sein Vater Martha Wallner Seine Mutter Lily Karoly Frau Schieske Susanne Engelhart Frau Flemm Victor Braun Ein Mann Oskar Wanka Karlchen Anton Rudolph Kanzleisekretär Hellmuth Matiasek Gehilfe Klein Hildegard Sochor Julia 1 Ena Valduga Frau Loppe Franz Böheim Ein Zeitungsverkäufer Otto Schenk Ein Coiffeur Otto Woegerer Vorstand Brenneisen Heli Servi Athalie Eva Zilcher Cornelia Ilse Teitmeyer Inge Inge Conradi Julia 2 Vilma Degischer Ihre Mutter
Dieses Hörspiel ist ein Mosaik aus farbigen Momenten eines gewöhnlichen Lebens, das aber - bei genauerem Zusehen - gar nicht so gewöhnlich ist. Jedes Alltagsleben hat heimliche Schönheiten, wenn man es mit Liebe betrachtet, und das Gewöhnliche ist oft nur an der Oberfläche gewöhnlich. Die einzelnen Mosaiksteine fügen sich zu dem Bilde eines Menschen, der sich aus der Dürre eines gleichgültigen Tagewerkes in die Fülle des richtigen Lebens hineinfindet. In einer Zwiesprache mit dem eigenen Herzen erleben wir die Geschichte des Standesbeamten Karl Kunz, der sein Leben damit verbringt, Ehen zu schließen und dabei selber einsam bleibt. Sein Vater hat ihn zwar einmal als Kind auf den Kirchturm getragen und ihm die weite Welt gezeigt; diese große Szene am Anfang des Werkes ist sozusagen das Grundthema des Hörspiels. Vor dem kleinen Buben wird die Herrlichkeit der Welt ausgebreitet, und es wird ihm die Möglichkeit eines erfüllten Lebens gezeigt. Es scheint aber, daß der junge Mann diese Dinge vergessen hat, denn er fügt sich von Jahr zu Jahr mehr in das Einerlei eines gewöhnlichen Beamtentages. Dabei ist er einer der Menschen, die in Gefahr stehen, neben einer Quelle zu verdursten; denn er geht an den Glücksmöglichkeiten vorbei, die ganz in der Nähe liegen, und er übersieht die eigentlichen Schönheiten des Lebens. Durch die Erfahrung einer späten Liebe kommt ihm aber zum Bewußtsein, "daß die Gewöhnung an die Dinge die wahre Unordnung bedeutet." Durch die Gewohnheit geht die Geheimnistiefe der Welt verloren. Das komisch Tragische an der Geschichte von "Karl Kunz" bleibt, daß er als Mensch mit einer reichen, feinnervigen Phantasie, voller Hellhörigkeit für die geheimnisvollen Zusammenhänge des Lebens ist, aber seine innere Welt wird umrankt vom Efeu der paragraphierten Ordnung. Den notwendigen Mut, das zu tun, wonach ihn sein Gemüt drängt, besitzt er nicht. So kapselt er sich, ohne sich dessen bewußt zu sein, ein, in einen Zustand zärtlich versponnener Träume und Ahnungen. Um Karl Kunz herum sind in diesem Hörspiel des Schweizer Autors Walter Oberer eine Anzahl von liebenswerten Typen gruppiert, die dem Bild seines Tagewerkes einen besonderen Klang geben und die im Grunde genommen ein Plädoyer "repräsentieren" für die Poesie des Bürgerlichen; eine kleine Welt, die es zu loben gilt, in einer Zeit, die aus den Fugen zu brechen droht.
Produktions- und Sendedaten
- RIAS Berlin 1955
- Erstsendung: 27.04.1955 | RIAS 1 | 88'08