ARD-Hörspieldatenbank
Originalhörspiel
Das Mädchen und die Krone
Regie: Carl Nagel
Hans Hömberg hat hier eine witzige und zugleich nachdenkliche Hörspiel-Komödie geschrieben, deren Titel an jüngste Ereignisse denken läßt - aber das wäre ein Trugschluß, denn Hömberg Geschichte spielt zur napoleonischen Zeit. Der General hat bereits einen Gutteil der Welt erobert, und auch die kleine Insel Masquarenia beugt sich seiner Gewalt. Das Inselchen ist unbedeutend genug, um Schauplatz eines gewagten napoleonischen Versuchs zu werden, denn der General mit Kaiserambitionen hat sich schon lange über die Behauptung der Historiker geärgert, das echte königliche Blut und somit die Tugenden des Edelmuts, der Hochherzigkeit und Tapferkeit usw. pflanzten sich nur innerhalb bestimmter Geschlechter fort. Napoleon indessen glaubt ganz sicher, daß alle Menschen von Adam und Eva abstammen. Und also beschließt er auf Masquarenia die Probe aufs Exempel zu machen und setzt das kleine Gärtnermädchen Minnifie, deren Vorfahren einmal Monarchen waren, zur Königin ein. Aber Minnifie hat keine Lust, Königin zu werden, sie liebt den Fischer Slingo und will ihn heiraten. Doch sie muß gehorchen. Und da sie nun schon einmal Königin ist, will sie auch regieren. Sie will die Steuerfrage, die Wohnungsfrage, die Lizenzfrage und viele andere Probleme lösen, aber was sie auch unternimmt, sie stößt auf Widerstand, den Widerstand der Qualle. Aus jeder Antwort grinst sie das Gespenst der Paragraphen an. Masquarenia verfällt schon seit 250 Jahren, sie kann den Verfall nicht aufhalten. Nach vier Wochen ist sie völlig mit den Nerven herunter. Ihre Höflinge regieren sie, und deren Absichten sind mehr auf die eigene Wohlfahrt als die des Landes gerichtet. Der Mensch muß sich - so scheint es - nach dem Herkömmlichen richten. Die Minister erklären Minnifie, sie dürfe an Regierungsdingen nicht teilhaben, weder wissend noch einstreichend. Sie müsse vor dem Volk stehen als Idol oder Symbol. Sie täte gut daran, ihre getreuen Diener in den Tiefen des Profits, der Geschäftemacherei und der kleinen Gelegenheiten zu lassen. Und dazu hat Minnifie keine Lust. Sie kehrt in die Gärtnerei ihres Großvaters Bautista zurück und heiratet Slingo. Napoleon triumphiert, seine These hat sich bewahrheitet, aber Bautista belehrt ihn: "Frei ist man auch al s König nur, wenn man die Kraft zur ungebrochenen Existenz in sich selbst immer wieder sucht und findet. Wenn Sie sich wirklich zum Herren der Welt machen, dann denken Sie daran, daß Sie sich nicht abhängig von den Dienern machen. Wenn der Herr zu viele Knechte braucht, dann werden die Knechte Herren."