ARD-Hörspieldatenbank

Hörspielbearbeitung



Václav Havel

Sanierung (Langfassung)


Vorlage: Sanierung (Theaterstück, tschechisch)

Übersetzung: Joachim Bruss

Bearbeitung (Wort): Heinz Dieter Köhler

Technische Realisierung: Renate Schlichthörlein, Elisabeth Berbig

Regieassistenz: Walter Brühn


Regie: Heinz Dieter Köhler

Der jüngste Text des tschechischen Autors ist wieder eine große Metapher auf die Verhältnisse in einer doktrinären Gesellschaft. Auf einer Burg, von der die Sage geht, der Geist des Grafen räche sich an allen verliebten Männern und werfe sie vom Turm in den Burggraben (weil seine Frau der Liebe eines Pferdeknechtes erlegen war), auf dieser Burg also hält sich ein Architektenteam auf, das den Ort zu ihren Füßen sanieren soll. Delegierte der Ortschaft versuchen durch eine Petition zu verhindern, daß ihre Heimat einer schaurigen modernen Siedlung weichen soll. Das Team, in sich durch allerlei Liebeshändel verstrickt, bescheidet die Abordnung damit, nicht selbst verantwortlich zu sein, aber die Sanierung hinauszögern zu wollen. Die heftigen Diskussionen um Fragen der Eigenverantwortlichkeit und Indolenz, Gefühlsarmut und Passion führen zu einem Kampf, der schließlich so ausgeht, wie die Legende es wollte ... Ein düsteres, pessimistisches Bild, das Vaclav Havel zeichnet: Reformen, so zeigt er unverblümt, können sich nicht durchsetzen. Jede Idee der Individualität scheitert am Konformitätsdruck. Inhaltliche Bedenken werden als Widerstand gegen das Prinzip verstanden und hart verfolgt. Der wirkliche Fortschritt kann sich nicht durchsetzen. Die Personen resignieren und tyrannisieren sich in ihrer Hilflosigkeit untereinander. Dabei sind sie trotz ihrer Sehnsucht nach Liebe, ihrer Lust zur Passion unnahbar, abgeschottet. Krustentiere.

Vaclav Havel wurde 1936 in Prag geboren. Der Dramatiker, Essayist, tschechoslowakische Bürgerrechtler hat seit 1970 absolutes Publikationsverbot in der Tschechoslowakei. Am 21. Februar 1989 wurde er in Prag erneut zu neun Monaten verschärfter Haft verurteilt. In seiner Verteidigungsrede vor Gericht sagte er: "Als Bürger, dem es daran liegt, daß sich unser Land in Frieden und Ruhe entwickelt, glaube ich fest daran, daß die Staatsmacht aus dem, was geschehen ist, endlich eine Lehre ziehen und einen aufrichtigen Dialog mit allen Gruppen der Gesellschaft beginnen und daß sie aus diesem Dialog niemanden dadurch ausschließen wird, indem sie ihn als Antisozialisten bezeichnen wird. Ich glaube fest daran, daß die Staatsmacht endlich aufhören wird, sich den unabhängigen Initiativen gegenüber so zu benehmen wie das häßliche Mädchen, das den Spiegel in der Annahme zerbricht, dieser sei an seinem Aussehen schuld. Deshalb glaube ich auch fest daran, daß ich nicht wieder grundlos verurteilt werde ... Ich fühle mich nicht schuldig, es gibt deshalb nichts, was ich zu bereuen hätte, und im Falle einer Verurteilung werde ich die Strafe als ein Opfer für eine gute Sache akzeptieren. Ein Opfer, das im Lichte des absoluten Opfers Jan Palachs, dessen Jahrestages wir gedenken wollten, unbedeutend ist." Havel ist Autor von 12 Theaterstücken mit etwa 230 Inszenierungen in mehr als zwei Dutzend Ländern. Zu seinen erfolgreichsten Stücken, die auch als Hörspielbearbeitungen gesendet worden sind, gehören "Audienz" (WDR 1976), "Protest" (WDR/SDR/DRS 1979), "Vernissage" (WDR 1980) und "Largo Desolato" (WDR/DRS/SDR 1985). Am 17. Mai 1989 wurde Havel nach Verbüßung der Hälfte seiner Haftstrafe auf Bewährung entlassen.

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Mitwirkende

Sprecher/SprecherinRolle/Funktion
Martin BenrathZdenêk Bergmann
Karin AnselmLuisa
Rainer GoernemannAlbert
Horst BollmannKuzma Plechanov
Peter FrickeUlc
Steffi KöhlerMacourkova
Esther HausmannRenata
Hans KorteSekretär
Helmut Stange1. Inspektor
Karl-Heinz Vosgerau2. Inspektor
Benno Kusche1. & 2. Delegierter
Barbara Rath1. & 2. Frau


 

Quellen zum Hörspiel - © DRA/Michael Friebel


PRODUKTIONS- UND SENDEDATEN

Westdeutscher Rundfunk / RIAS Berlin / Schweizer Radio DRS 1989

Erstsendung: 28.12.1989 | 113'25

Darstellung: