Hörspiel
Autor/Autorin:
Arthus C. Caspari
Die Gleichzeitigkeit der Vereisung oder haben Sie Shoa gesehen?
Technische Realisierung: Klaus Krüger, Susanne Baltes
Regie: Robert Matejka
Weitere Mitwirkende
Sprecher/Sprecherin Rolle/Funktion Rudolf Wessely Bulkin Hilmar Thate Petrof Hanns Zischler Bromsma Rosemarie Fendel Fr. Aggertal Wolfgang Spier Aufseher Rainer Pigulla Schaffner Caspar Richter Dirigent Torsten Sense 1. Musiker Heinz Rolfing 2. Musiker Rudolf Krause 3. Musiker Klaus Hüttmann 4. Musiker Sonja Deutsch Mutter Pascal Dykiert Kind Thomas Holländer Junger Mann Astrid Kohrs 1. Mädchen Lisa Adler 2. Mädchen Heinz Rabe Stepka Herbert von Boxberger Stimme
Sein jüngstes Stück "Die Gleichzeitigkeit der Vereisung oder haben Sie Shoa gesehen?" hat Arthus C. Caspari als triptychonales Gefüge angelegt. Drei parallel verlaufende Handlungsstränge werden durch übergreifende Thematik und sich überlagernde Geräuschebenen miteinander verwoben und zeitlich gleichgesetzt. Der Hinweis auf "Shoa", Claude Lanzmanns großen Dokumentarfilm über die Vernichtung der Juden, verdeutlicht bereits im Untertitel des Hörspiels den Begriff der Vereisung als Denaturierung der Menschlichkeit. So spielt denn auch eine der Handlungen in einem russischen Straflager (einer Katorga), wo sich zwei Gefangene an Weihnachten Gedanken über die angemaßte Gottähnlichkeit der Mächtigen machen und auf den Besuch Dostojewskis hoffen. Für den einen der beiden ist ein Engel Lichtbringer in der finsteren Trostlosigkeit, aber sein Mitgefangener bestreitet die Existenz von Engeln. Um dieses Thema dreht sich auch die Unterhaltung zwischen einer Dame und einem Herrn in einem Zug. Der Herr stellt sich als Schriftsteller vor, der nicht schreibt, weil er sich nicht in der Sprache der unreinen Lippen ausdrücken möchte. Er wird der Reisenden zunehmend unheimlich. Als er am Ende spurlos verschwindet, ist sie überzeugt davon, selbst mit einem Engel zu tun gehabt zu haben. Der dritte Handlungsstrang setzt beim Stichwort Apokalypse ein: eine Aneinanderreihung von Alltagsszenen, Skizzen einer unaufhaltsamen Vereisung, die kaum noch auffällt angesichts der Bedrohung durch den atomaren Wärmetod.
Caspari wurde 1987 für sein erstes RIAS-Hörspiel "Das Verhör des Spinoza" mit dem Prix Futura ausgezeichnet. Das Thema von Casparis neuem Hörspiel klingt schon im Titel an: die "Vereisung" als Denaturierung, als Erkalten der Menschlichkeit. In drei parallelen Handlungssträngen führt er dieses Motiv fast musikalisch durch.
Produktions- und Sendedaten
- RIAS Berlin / Radio Bremen 1987
- Erstsendung: 16.12.1987 | 56'10