ARD-Hörspieldatenbank
Originalhörspiel
Die Kamera, der Traum, dann die Stimmen
Technische Realisierung: Jutta Liedemit, Christina Ocker, Sabine Kaufmann
Regie: Norbert Schaeffer
Noch einmal kehrt Gert Loschütz mit seinem jüngsten Hörspiel in die Zeit der Teilung Deutschlands zurück. Philipp, von Beruf Fotograf, erzählt in den "Abenden mit Mila" die Geschichte seiner Eltern, die Geschichte ihrer Trennung. 1958 hatten sie die DDR - aus Furcht vor Repressalien - verlassen und als einzigen Gegenstand von Wert eine Kamera mitgenommen. Ein Jahr später zerbrach die Ehe. Sie lebten 36 Jahre getrennt, jedoch immer am selben Ort. In all den Jahren sprachen sie kein Wort mehr miteinander, und als der Vater starb, folgte ihm die Mutter ein halbes Jahr später. Was sich hinter dieser lakonischen Geschichte verbarg, hatte Philipp in mehreren Gesprächen mit den getrennt lebenden Eltern erfahren: die genauen Umstände der Flucht aus der DDR, die unglückselige Geschichte mit der Kamera, die sich im Westen als vollkommen wertlos erwies, das rührende Betrugsmanöver des Vaters, der Geld entwendete, um den Verkauf der Kamera vorzutäuschen, und die scheinbare Treulosigkeit der Mutter, die die Freilassung des Vaters aus dem Gefängnis bewirkte, aber auch die Trennung der Eltern. Eine rein äußerliche Trennung, wie Philipp beim Verkauf des Hauses, das seinem Vater gehört hatte, entdeckt. Eine behutsam erzählte Liebesgeschichte, deren einsame Protagonisten aus dem Unglück der Sprachlosigkeit nicht mehr herausfinden konnten.
Gert Loschütz, 1946 in Genthin geboren, lebt in der Nähe von Frankfurt am Main. Er schrieb Drehbücher, Gedichte, Erzählungen, Romane, Theaterstücke und Hörspiele, u.a.: "Die Bedrohung" (1981), "Tom Courtneys Zirkuswelt" (1986), "Der Mann im Käfig" (1994). Für "Die Ballade vom Tag, der nicht vorüber ist" (1988) erhielt er den Ernst-Reuter-Preis.