Feature
Autor/Autorin:
Frans van Rossum
Transatlantic oder Wie Amerika eine Musik entdeckte
Technische Realisierung: Jeanette Wirtz-Fabian
Regieassistenz: Carsten Schulz
Regie: Frans van Rossum, Hein Bruehl
Weitere Mitwirkende
Sprecher/Sprecherin Rolle/Funktion Werner Wölbern 1. Sprecher Friedhelm Ptok 2. Sprecher Peter Roggisch 3. Sprecher Wolfgang Forester 4. Sprecher Rena Pieper 5. Sprecher Winn Le Vert 6. Sprecher, amerikanische Stimme
Der Musik- und Medienwissenschaftler Frans van Rossum hat als Co-Autor seit fünf Jahren an mehr als 200 Sendungen der Reihe "The Great Crossing" der niederländischen Station VPRO mitgewirkt. Dieses großangelegte Medienprojekt beschäftigt sich mit dem interkulturellen Austausch zwischen Europa und dem nordamerikanischen Kontinent. In seiner "Transatlantic"-Sendung, die den Auftakt zur gleichnamigen Sendereihe im Sommerprogramm des Studio Akustische Kunst bildet, faßt er einige der historischen Aspekte dieser Begegnung zusammen. "Europa und Amerika, zwei Varianten ein und derselben Welt? Das alte, traditionsbewußte Europa, das neue, junge Amerika, das Traditionen errichtet, um sie sogleich wieder abzuschaffen. Die amerikanische Kultur ist zunächst die europäisch-expansive Kultur, die immer neu erfunden werden mußte. Amerika wurde zu einem Schmelztiegel von Kulturen. Für die Kunst hatte man zunächst kaum Interesse. Kunst - im europäischen Verständnis - blieb bis heute Privatangelegenheit. Musik gab es überall und von überall, nicht nur zum Anhören, sondern zum Mitmachen, in der Kirche, zu Hause, im Tanzlokal. Eine Art Volksmusik, die populär sein mußte. Unterhaltungsmusik, ein gutes Geschäft. Musiker erfanden und experimentierten mit allem, was gefragt war: Vaudeville, Broadway, Shows, der Ragtime verbreitete sich, Jazz, Swing, Improvisation, Schlagzeug. Allmählich wurde so eine einzigartige amerikanische Musik zusammengeschmolzen aus Liebe oder Indifferenz zu Europa, vor allem aber aus den zahllosen Einflüssen von größter Verschiedenheit aus vielen Kulturen. Für die 'europäisch ernste Musik' aus Amerika hat Europa sich kaum interessiert: Copland, Barber, Thompson, das gab es hier besser. Die amerikanische Musik, die im Europa der zwanziger Jahre bekannt wurde (Antheil, Cowell), blieb ohne dauerhaften Einfluß. Der Komponist, der Europa zeigte, wie man ohne Tradition auskommen könnte, war John Cage. Seine vierjährige Freundschaft mit dem französischen Komponisten Pierre Boulez Anfang der fünfziger Jahre und ihre grundsätzliche, unlösbare Auseinandersetzung über den Vorrang eines amerikanischen oder europäischen Musikdenkens, ist Ausgangspunkt für meine Sendung. Auf Cage folgte eine lange Reihe amerikanischer KünstlerInnen ... Aus der einstmaligen akustischen Leere der amerikanischen Musik schufen die Nachkömmlinge der Auswanderer in einem langen Prozeß von Wechselwirkungen zwischen der Alten und Neuen Welt eine Fülle poetischer Klangwelten von erstaunlicher Lebendigkeit. Ein Teil dieser Kunst, die sie - wie die Reihe "Transatlantic" nicht zuletzt in der Begegnung mit dem europäischen Radio zeigt - weiterentwickelten, heißt akustische Kunst" (Frans van Rossum).
Produktions- und Sendedaten
- Westdeutscher Rundfunk 1995
- Erstsendung: 18.07.1995 | 87'25