Originalhörspiel

Autor/Autorin: Ludwig Fels

Der tausend und zweite Tag

Komposition: Peter Zwetkoff
Technische Realisierung: Helmuth Schick, Ursula Potyra
Regieassistenz: Christoph Müller

Regie: Walter Adler

  • Weitere Mitwirkende

    Sprecher/SprecherinRolle/Funktion
    Ulrich WildgruberDer Märchenerzähler
    Christian RedlDer Ich-Erzähler
    Rosel ZechEine Frauenstimme
    Otto SanderEine Männerstimme
    Corinna KirchhoffDie Mutter
    Traugott BuhreDer Vater
    Sascha Maria IcksSarah Balabagan

Der Fall ging vor einiger Zeit durch die Weltpresse. Die siebzehnjährige Sarah Balabagan, philippinisches Hausmädchen im Scheichtum Abu Dhabi, hatte ihren Arbeitgeber in Notwehr getötet, nachdem er sie mißhandelt und vergewaltig hatte. Zunächst wurde sie zum Tod durch Erschießen verurteilt, später wurde die Strafe abgewandelt in ein Jahr Gefängnis, 100 Stockhiebe und 40.000 Dollar Bußgeld, eine für die Betroffene niemals aufbringbare Summe. Angeregt durch ein Illustriertenfoto hat Ludwig Fels ein Klagelied auf Sarah Balabagan geschrieben. Die bis heute in westlichen Köpfen spukenden Träume vom goldüberfluteten Orient verwandeln sich schockartig in einen Alptraum. Aus tausend und einer Nacht wird "Der tausend und zweite Tag": Der Alltag der unzähligen Entrechteten, Ausgebeuteten, willkürlich Mißhandelten auf dieser Erde. Die Klage ist zugleich ein Eingeständnis der Hilflosigkeit und Nutzlosigkeit aller Klagelieder: "Ich kann mir, wenn ich alle Angst zusammennehme, kaum vorstellen, wie es ist, zu warten, bis sie kommen einen zu holen, die Gittertür aufschließen und einen hinausführen zu unbekannter Zeit. Und wie oft sie kommen. Und ob es dann, wenn sie kommen, soweit ist. Im Grunde ist es eine edle, nichtssagende Lüge zu behaupten, man sei in Gedanken bei ihnen, denn man ist mehr als froh um den Genuß, in der eigenen Haut zu stecken, ein hübsches Gefühl, das man jedem Schicksal ähnlich dem ihren verdankt. Die Wahrheit ist, daß man sich die kleinen, heißen Tränen der Dankbarkeit aus dem Gesicht kratzt, Schätze der Ohnmacht."

Weitere Informationen
Ludwig Fels, geb. 1946 in Treuchtlingen/Fränkische Alb, arbeitete nach einer abgebrochenen Malerlehre als Hilfs- und Gelegenheitsarbeiter. Seit 1973 ist er freier Autor und lebt zur Zeit in Wien. Fels gilt als einer der sprachmächtigsten deutschen Gegenwartsschriftsteller. Gedichte, Erzählungen, Romane, Theaterstücke, zahlreiche Hörspiele.

Quellen zum Hörspiel - © DRA/Michael Friebel

Produktions- und Sendedaten

  • Hessischer Rundfunk 1997
  • Erstsendung: 01.10.1997 | 48'47

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