Originalhörspiel
Autor/Autorin:
Karl-Werner Plath, Bernhard Wolf
Die Anstalt zieht um
Technische Realisierung: Dietmar Hagen, Evelyn Rühlemann, Steffen Brosig, Robert Baldowski
Regie: Robert Matejka
Weitere Mitwirkende
Sprecher/Sprecherin Rolle/Funktion Wolfgang Jakob Almeroth, ein Musiker Else Grube-Deister Frau Mehlhose, eine Hausfrau Marylu Poolman Barbara, eine Schauspielerin Herbert Sand Gipsy, ein religiöser Eiferer Victor Deiß Hans Busch, ein Eisenbahner Edwin Marian Flachmann, ein Alkoholiker Hans Teuscher Oberarzt Gründling Wolfgang Winkler Matzke, Pfleger Jutta Hoffmann Frau Hirsler, eine Bürgerrechtlerin Daniel Minetti Pfarrer Marx Lutz Riemann Heinz Krause, Busfahrer Gudrun Ritter Schwester Christine Dieter Bellmann Wachmann Wolfgang Schmidt Nachrichtensprecher
Damals, als die Mauer fiel und die DDR verschwand ... als die Westwaren kamen und die Westmark ... und Deutschland wieder ein einig Vaterland war ... da traten bekanntlich Recht und Freiheit einen gewaltigen Siegeszug an. Sie eroberten das ganze Land. Bis in den letzten Winkel drangen sie vor. Nicht einmal vor der kleienen, gemütlichen Anstalt machten sie Halt, in der Herr Almeroth unablässig Oboe übt und Frau Mehlhose davon träumt, die Gardinen so weiß zu kriegen, daß ihr Mann, ein starker Raucher, mit ihren Hausfrauenkünsten zufrieden ist. Politische Töne mischen sich auf einmal in die apokalyptischen Brandreden des eifernden Gipsy, und Flachmann, der Trinker, schlägt Oberarzt Gründling unter vier Augen ein sonderbares Geschäft vor. Pfleger Matzke betreffend, die Elektroschocks und die im Anzug befindlichen Bürgerrechtler. Diskussionen erschüttern die Maltherapie. Begriffe wie "Opfer" und "Akte" sausen durch die Luft. Hans Busch, der Eisenbahner, denkt sogar an eine Reise nach Amerika, schließlich darf er alle Lokschen fahren, alle Lokschen, die es gibt. Selbst die zur Verstimmung neigende Barbara prüft behutsam ihre Stimmbänder, ob sie einer eventuellen Rückkehr auf die Bretter, die die Welt bedeuten, im Wege stünden. Doch Recht und Freiheit bringen nicht nur frischen Wind in die Krankenstuben, sondern auch die jüdische Gemeinde zurück in ihr einstiges Domizil. Die Anstalt muß umziehen. Ersehnter Augenblick, sollte man meinen, für die absentierten Insassen, die bei dieser Gelegenheit nach Hause entlassen werden sollen. Nach draußen, ins Leben! Bloß, das wollen die nicht.
Produktions- und Sendedaten
- Mitteldeutscher Rundfunk 1998
- Erstsendung: 24.02.1998 | MDR KULTUR | 50'01