Hörspielbearbeitung
Autor/Autorin:
Robert Musil
Vinzenz und die Freundin bedeutender Männer
Vorlage: Vinzenz und die Freundin bedeutender Männer (Posse)
Bearbeitung (Wort): Ingeborg Bachmann
Technische Realisierung: Reinhart Henke, Hannelore Tischler
Regieassistenz: Fritz Kraus
Regie: Oswald Döpke
Weitere Mitwirkende
Sprecher/Sprecherin Rolle/Funktion Charlotte Weninger Alpha Klaus Schwarzkopf Vinzenz Hermann Schomberg Bärli, Großkaufmann Paul Hoffmann Doktor Apulejus Hans Günter von Klöden Gelehrte Giselher Schweitzer Der Politiker Erich Keddy Musiker Ernst Rottluff Der Reformer Herbert Leonhard Junger Mann
Alpha, die in Wirklichkeit Kathi heißt, versammelt um sich einen Kreis von Verehrern, einflussreiche Persönlichkeiten aller möglichen Richtungen. Sie wirft jedem von ihnen vor, er sei ein abgerichteter Spezialist. Sie hält von ihnen allen Distanz. Vinzenz aber, der Jugendfreund, den sie jahrelang nicht mehr sah, ist gegenwärtig geblieben. Weil er nicht festgelegt ist auf ein Spezialistentum, weil er versucht, ein ganzer, unabgerichteter Mensch zu sein und vor allem, weil er Phantasie besitzt - wenn aus ihm auch nur ein kleiner Betrüger geworden ist. Deshalb verabschiedet sich Vinzenz, nachdem eine Spekulation fehlschlug, die eine gemeinsame Basis abgeben sollte, mit den Worten: "Wir sind einander doch zu ähnlich." (Historischer Pressetext)
Weltwirtschaftskrise 1923: Alpha, kann nichts erschrecken;
sie hält sich, selbstbewusst promiskuitiv, ihren
Salon mit Freiern, die sie selbstverständlich finanziell
unterstützen. Auf die Dauer langweilt es sie, sind diese
doch alle auf ihr Spezialistentum reduzierte Abziehbilder
eines erfolgreichen Pianisten, Staatsrats, Gelehrten
oder Filius eines Industriellen. Den Kunstmaler Doktor
Apulejus scheren die erotischen Aventüren seiner Frau
wenig, seine Sehnsucht gilt dem Hermaphroditen. Und
dann erscheint wie ein Deus ex machina nach Jahren
der Abwesenheit ihr Jugendfreund Vinzenz hinter einem
Sofa. Als charmanter Spieler im Reiche der Phantasie,
als Möglichkeitsmensch hat er sich von der Wirklichkeit nicht funktionalisieren lassen. Aber auch so einer
braucht Geld. Alpha erliegt ihm aufs Neue, will diesen
Mann ohne Eigenschaften heiraten, was ihn nicht hindert,
sie zu betrügen. Das ruft die Herrenrunde auf den
Plan, vor dem Hallodri zu warnen und ihr die Fortsetzung
ihrer Ehe mit Apulejus zu empfehlen. Alles möge doch
beim Alten bleiben. Per Telefon gibt Alpha aber Baron
von Usedom ihr Jawort.
Ingeborg Bachmann hat Musils Posse von 1923 zu einer
temporeichen Gesellschaftstravestie um Identität, Sex
und Glück verdichtet – als ob es eine Screwball Comedy
aus Hollywood im Geiste George Cukors wäre, mit einem
Feuerwerk an so klugen wie bösen Bonmots. (Pressetext des SWR anlässlich der Wiederholungsausstrahlung 2018)
Weitere Informationen
Robert Musil (1880–1942), geboren in Genf, schrieb Prosa, Theaterstücke
und Essays. Der unvollendet gebliebene Roman »Der Mann ohne
Eigenschaften« gilt als eines der Meisterwerke der literarischen
Moderne. (Biographische Notiz 2018)
Produktions- und Sendedaten
- Radio Bremen / Süddeutscher Rundfunk 1959
- Erstsendung: 13.02.1959 | Bremen Eins | 19:48 Uhr | 43'45