Hörspielbearbeitung
Autor/Autorin:
Carl Dietrich Carls
Der Entartete
Eine Studie über Ernst Barlach
Vorlage: Ernst Barlach. Das plastische, graphische und dichterische Werk (Monographie)
Regie: Hans Lietzau
Weitere Mitwirkende
Sprecher/Sprecherin Rolle/Funktion Hans Lietzau Erzähler Hans Tügel Barlach Paul Klinger 1. Sprecher Kurt A. Jung 2. Sprecher Fabian Wander 3. Sprecher Hermann Schomberg Boll Gerhard Bünte Bürgermeister Elisabeth Goebel Frau Boll Josef Dahmen Prunkhorst Heinz Reincke Iver Hans Ulrich Voss Heinz Lanker Bolz Christa Siems Frau Keferstein Josef Dahmen Tierarzt Andrea Dahmen Frl. Isenbarn Uwe Friedrichsen Der junge Sedemund Carla-Maria Hagen Frau Grude Heinz Reincke Grude Otto Bolesch Franchi Joseph Offenbach Mankmoos Hans Irle Leichenträger Hermann Schomberg Der alte Sedemund Hartwig Sievers Onkel Waldemar Knut Hinz Der junge Hirt Heinz Klevenow Noah Will Quadflieg Calan Peter Maertens Sem Eduard Marks Harut Max Eckard Marut u.a.
Am 24. Oktober 1938, vor 25 Jahren, starb Ernst Barlach, verfemt, zerbrochen, im Widerstand gegen seine Krankheit geschwächt durch die Anfeindungen und Schikane eines politischen Systems, dem die Freiheit des Menschen und der Kunst zuwiderlief. Ernst Barlach starb in Deutschland. Er war nicht der Einzige, dessen Kunst die Nationalsozialisten als "entartet" an den Pranger ihrer germanisch-nationalen, ihrer politischen Kulturpropaganda gestellt hatten. Er war nicht der Einzige, dem die Aufträge entzogen wurden, nicht der Einzige, der mit Arbeits-, Aufführungs- und Ausstellungsverboten bestraft wurde und den man aus Gründen einer mörderischen Rassenhetze verfolgte. Und doch war er in gewisser Weise ein 'Sonderfall'. Er gehörte nicht zum Kreis der jüdischen Intellektuellen und Künstler, die sich der Verfolgung nur durch die Emigration entziehen konnten oder im KZ umkamen. Er emigrierte nicht, obwohl ihm die Gelegenheit dazu geboten war; er starb nicht an den Qualen oder in der Gaskammer hinter dem Stacheldraht eines KZ. Aber er starb in Deutschland. Er steht hier für alle, denen ein gleiches oder ähnliches Schicksal zuteil wurde. Entartet, ostisch, minderrassisch, das waren die Vokabeln, mit denen man ihn und sein Werk belegte. Barlach war Norddeutscher und seine Familie seit Jahrhunderten dort ansässig. Aber man legte ihm seine Rußlandreise, die er schon vor dem 1. Weltkrieg gemacht und die sein bildhauerisches Schaffen initiiert hatte, zur Last, ungeachtet, wieviel aus den Menschen seiner Heimat später in sein Werk einging - so wurde er als 'ostisch' abgestempelt. Man legte ihm , dem Gottsucher, ein paulinisches Christentum zur Last - so wurde er als 'vorderasiatisch' abgestempelt.Über einige Jahre konnte ihn noch das Mäzenatentum von Hermann Reemtsma hinweghelfen; er konnte noch seinen "Fries der Lauschenden" zu Ende bringen. Aber seine Widerstandskraft war doch schon zermürbt, er war krank, und er war zu müde, weiterzuleben. Der Barlachbiograph Carl Dietrich Carls hat in dieser Sendung das Leben dieses großen Norddeutschen werkdeutend noch einmal nachgezeichnet als ein Schicksal, das stellvertretend für viele steht. So ist diese Sendung zugleich eine Zeitstudie geworden, über das Leben des Künstlers in einem totalitären System.
Produktions- und Sendedaten
- RIAS Berlin
- Erstsendung: 20.11.1963 | 118'45