ARD-Hörspieldatenbank

Hörspielbearbeitung



Carl Dietrich Carls

Der Entartete

Eine Studie über Ernst Barlach


Vorlage: Ernst Barlach. Das plastische, graphische und dichterische Werk (Monographie)


Regie: Hans Lietzau

Am 24. Oktober 1938, vor 25 Jahren, starb Ernst Barlach, verfemt, zerbrochen, im Widerstand gegen seine Krankheit geschwächt durch die Anfeindungen und Schikane eines politischen Systems, dem die Freiheit des Menschen und der Kunst zuwiderlief. Ernst Barlach starb in Deutschland. Er war nicht der Einzige, dessen Kunst die Nationalsozialisten als "entartet" an den Pranger ihrer germanisch-nationalen, ihrer politischen Kulturpropaganda gestellt hatten. Er war nicht der Einzige, dem die Aufträge entzogen wurden, nicht der Einzige, der mit Arbeits-, Aufführungs- und Ausstellungsverboten bestraft wurde und den man aus Gründen einer mörderischen Rassenhetze verfolgte. Und doch war er in gewisser Weise ein 'Sonderfall'. Er gehörte nicht zum Kreis der jüdischen Intellektuellen und Künstler, die sich der Verfolgung nur durch die Emigration entziehen konnten oder im KZ umkamen. Er emigrierte nicht, obwohl ihm die Gelegenheit dazu geboten war; er starb nicht an den Qualen oder in der Gaskammer hinter dem Stacheldraht eines KZ. Aber er starb in Deutschland. Er steht hier für alle, denen ein gleiches oder ähnliches Schicksal zuteil wurde. Entartet, ostisch, minderrassisch, das waren die Vokabeln, mit denen man ihn und sein Werk belegte. Barlach war Norddeutscher und seine Familie seit Jahrhunderten dort ansässig. Aber man legte ihm seine Rußlandreise, die er schon vor dem 1. Weltkrieg gemacht und die sein bildhauerisches Schaffen initiiert hatte, zur Last, ungeachtet, wieviel aus den Menschen seiner Heimat später in sein Werk einging - so wurde er als 'ostisch' abgestempelt. Man legte ihm , dem Gottsucher, ein paulinisches Christentum zur Last - so wurde er als 'vorderasiatisch' abgestempelt.Über einige Jahre konnte ihn noch das Mäzenatentum von Hermann Reemtsma hinweghelfen; er konnte noch seinen "Fries der Lauschenden" zu Ende bringen. Aber seine Widerstandskraft war doch schon zermürbt, er war krank, und er war zu müde, weiterzuleben. Der Barlachbiograph Carl Dietrich Carls hat in dieser Sendung das Leben dieses großen Norddeutschen werkdeutend noch einmal nachgezeichnet als ein Schicksal, das stellvertretend für viele steht. So ist diese Sendung zugleich eine Zeitstudie geworden, über das Leben des Künstlers in einem totalitären System.

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Mitwirkende

Sprecher/SprecherinRolle/Funktion
Hans LietzauErzähler
Hans TügelBarlach
Paul Klinger1. Sprecher
Kurt A. Jung2. Sprecher
Fabian Wander3. Sprecher
Hermann SchombergBoll
Gerhard BünteBürgermeister
Elisabeth GoebelFrau Boll
Josef DahmenPrunkhorst
Heinz ReinckeIver
Hans UlrichVoss
Heinz LankerBolz
Christa SiemsFrau Keferstein
Josef DahmenTierarzt
Andrea DahmenFrl. Isenbarn
Uwe FriedrichsenDer junge Sedemund
Carla-Maria HagenFrau Grude
Heinz ReinckeGrude
Otto BoleschFranchi
Joseph OffenbachMankmoos
Hans IrleLeichenträger
Hermann SchombergDer alte Sedemund
Hartwig SieversOnkel Waldemar
Knut HinzDer junge Hirt
Heinz KlevenowNoah
Will QuadfliegCalan
Peter MaertensSem
Eduard MarksHarut
Max EckardMarut
u.a.


Der Regisseur Hans Lietzau in den 1950er Jahren | © picture alliance/Siegfried Pilz

Der Regisseur Hans Lietzau in den 1950er Jahren | © picture alliance/Siegfried Pilz

Der Regisseur Hans Lietzau in den 1950er Jahren
© picture alliance/Siegfried PilzDer Regisseur Hans Lietzau in den 1950er Jahren
© picture alliance/Siegfried Pilz



PRODUKTIONS- UND SENDEDATEN

RIAS Berlin

Erstsendung: 20.11.1963 | 118'45

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