Hörspielbearbeitung
Autor/Autorin:
Bjarni Jónsson
Kaffee
Vorlage: Kaffee (Theaterstück, isländisch)
Übersetzung: Karl Ludwig Wetzig
Technische Realisierung: Rudolf Stückrath, Gabriele Neugroda
Regieassistenz: Anja Herrenbrück
Regie: Klaus Mehrländer
Weitere Mitwirkende
Sprecher/Sprecherin Rolle/Funktion Martina Gedeck Margrét Karin Anselm Vilborg Christian Tasche Siddi Simon Roden Valtyr Gerry Wolff Hannes Christian Redl Thorleifur Peter Dirschauer Steinar
Kaffee, "die schwarze Finsternis, die Isländer bei jeder Gelegenheit unablässig in sich hineinschütten", so das Zitat zu Beginn des Stücks, bezeichnet auch die Flüssigkeit, die - ähnlich dem Meer, das die Insel umgibt - die Härte der Worte umspült, mit denen sich die Familienmitglieder in gewohnter Regelmäßigkeit verletzen und erniedrigen. Aber auch Alkohol wird benötigt, so, wenn das ereignislose Leben zelebriert werden soll, wie bei Siddi, dem jungen Mann von Margrét, der ansonsten nur auf dem Fußballplatz einen Standpunkt vertritt. Margrét hingegen, die von den Großstädten heimgekehrte Tochter, sucht im Schnaps ihr nach wie vor ruheloses Temperament zu ersticken, während ihr Vater, Manager im Fußballclub, mehr aus dem nagenden Wissen um seine Angst und Feigheit vor dem Leben dem Alkohol sehr nahe steht. Seinen allein lebenden Vater dagegen quält das dunkle, schwere Gewissen, das ihn beständig an den aufmüpfigen Sohn erinnert, der im Meer sein Leben ließ, als er gezwungen wurde, als Matrose seinen Unterhalt zu bestreiten. Die neuen Katastrophen, die trotz des öden Alltags im Herbst zwischen Freitag und Sonntagmorgen eintreten, sind verstörend, doch nicht, weil sich Leidenschaft und Tatendrang dahinter verbergen, sondern die pure Trägheit und Gleichgültigkeit. Und es sind nicht Elfen und Trolle, die das Dasein der Erdenbewohner ein wenig verzaubern, sondern der tote Geist des Ertrunkenen, der dem Bruder und dem Vater zuweilen die Ehre erweist.
Weitere Informationen
Bjarni Jónsson, geboren 1966 in Akranes, wuchs an der Westküste Islands auf. Nach dem Abitur ging er nach Deutschland und studierte in München Theaterwissenschaften. Heute arbeitet er als Dramaturg und Übersetzer in Reykjavík und hat u.a. Stücke von Tankred Dorst, George Tabori, Thomas Bernhard und Gaston Salvatore übersetzt. "Kaffee" ist nach "Korkmann" (1992) und "Mark" (1994) sein drittes Stück, das 1998 in Bonn bei einem Gastspiel des Nationaltheaters Island zu sehen war.
Produktions- und Sendedaten
- Westdeutscher Rundfunk 2000
- Erstsendung: 06.12.2000 | WDR 3 | 22:00 Uhr | 62'00
Rezensionen (Auswahl)
- Klaus Ungerer: In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 07.12.2000. S. 59.
- Norbert Schachtsiek-Freitag: In: Funk-Korrespondenz. 48. Jahrgang. Nr. 50. 15.12.2000. S. 35.