Originalhörspiel
Autor/Autorin:
Hans-Jürgen Fröhlich, Uwe Herms
Siebenerlei Fleisch
Experiment in Stereophonie
Regie: Raoul Wolfgang Schnell
Weitere Mitwirkende
Sprecher/Sprecherin Rolle/Funktion Bum Krüger Huber Herbert Fleischmann Röhlke Wolfgang Forester Bernhard Wolfgang Peau 1. Kind Rosemarie Voerkel 2. Kind Thomas Brückner 3. Kind Hans-Peter Thielen Rosenstock Karin Buchali Frau Rosenstock Jaromir Borek IchbinderArzt Kurt Lieck A 1 Marlene Riphahn Frau AI Christoph Quest A 2 Ricarda Benndorf Annelie Jansen Rudolf-Jürgen Bartsch Alwin Joachim Meyer Günther Lampe Sigrun Höhler
Das stereophone Hörspiel "Siebenerlei Fleisch" ist eine
Gemeinschaftsarbeit der beiden Autoren Hans-Jürgen Fröhlich und Uwe
Herms. Uwe Herms schrieb über diese Zusammenarbeit: "Kein Wort, kein
Name, kein Satz, kein Motiv, nichts, das nicht durch die feine
Mandelmühle unserer dialektischen Arbeitsdialoge gegangen und ganz
anders herausgekommen wäre als es hineingeraten war. Ziel war es,
einen stereophonen Text zu schreiben, der nicht mehr ebenso sinnvoll
monophon inszeniert werden könnte, der frei ist von Pingpongeffekten,
der als Partitur dem Regisseur Widerstand und Inspiration bietet, um
Studiotechnik und Phantasie voll auszubeuten und der auch als Buchtext
sich nicht zu genieren brauchte. Von einer Fabel allerdings kann kaum
die Rede sein, eher von einer kontrapunktisch sich entwickelnden
Geschichte zweier einander gegenübergestellter Stimmen, einer
patriarchalischen und einer jugendlichen, die dasselbe in
verschiedener Gestalt bezeichnen. In diese stereo-poetische
Konstruktion sind mitmenschliche Stimmen komponiert, die in ihren
zugleich stilisierten und individualisierten Sätzen viel schlimme
Allerweltsanschauung zu Gehör bringen. Und von ihr weiß man, wohin sie
führt. Denn das sehr differenziert aufgefasste Thema von 'Siebenerlei
Fleisch' ist Verhalten und Entwicklung, ist die Faschisierung einer
Gruppe von Familien samt Kindern in einer Ausnahmesituation. Wir haben
dafür einen üppigen Kanon von ironisch-pathetischen Sprechchören, von
stereophonen Montagen und nur durch Stereophonie möglichen Stimm- und
Geräusch-Bezügen entwickelt und angewandt. Das Engagement der Autoren
bedient sich der poetischen Energien von Sprache und Hörspieltechnik."
Weitere Informationen
Uwe Herms (geboren 1937) lebt seit 1945 in Hamburg. Studium
Philosophie, Kunstgeschichte, Germanistik. 1962/63 Aufenthalt in den
Vereinigten Staaten. Veröffentlichung von Lyrik, Prosa, Kritik in
Anthologie, Zeitschrift, Rundfunk; Herausgeber der Anthologie "Druck-
Sachen. Junge deutsche Autoren." "33mal Prosa und einmal Pantomime."
(Christian Wegner Verlag, Hamburg 1965). Arbeitet an einem
romanähnlichen Prosaprojekt und an der Komplettierung eines Lyrik-
Bandes. Bereitet zusammen mit Hans J. Fröhlich ein neues
Stereohörspiel vor, außerdem ein dokumentarisch-analytisches
Bühnenwerk über bundesrepublikanische Ereignisse der Jahre 1967 und
1968.
Hans J. Fröhlich, geboren 1932, studierte zunächst Komposition an der
Detmolder Hochschule für Musik. Bis 1956 entstanden Kammermusikwerke,
Klavierstücke und Fragmente einer Oper in serieller Technik nach
eigenem Libretto. Anschließend arbeitete er im Buchhandel und war dann
Lektor eines angesehenen literarischen Verlags in Hamburg. Seit 1963
lebt er als freier Schriftsteller abwechselnd in Hamburg und Wien.
Neben zahlreichen Aufsätzen und Essays vor allem über die Literatur
des Expressionismus, veröffentlichte Fröhlich Erzählungen und Prosa-
Texte in Anthologien, Zeitschriften und Zeitungen. Im Münchner Verlag
Rütten & Loening gab er die Gesammelten Schriften Maximilian Hardens
heraus.
In dem Hörspiel "Engführung" (1964) übertrug er die musikalische
Kompositionstechnik auf Sprechstimmen, die ihr Thema nicht zu Ende
führen, sondern einander "eng-geführt" gleichsam überdecken. 1965
sendete der WDR das Hörspiel "Weltniveau", eine Satire auf Parkinsons
Gesetz. Der literarische Durchbruch gelang ihm mit der
Veröffentlichung des Romans "Tandelkeller" im Frankfurter INSELVERLAG,
1967. Heinrich Vormweg schrieb im "Monat" über dieses Buch:
"Tandelkeller" ist ein Roman, der Erfahrenes authentisch mitteilt,
weil die Zugänge zum Erfahrenen in die Form des Romans einbezogen
sind. Fröhlichs Sprache ist von einer wahrhaftig erstaunlichen
Beweglichkeit. Sie zeigt die Fähigkeit, sinnlich Erfahrenes kompakt
und gleichsam naiv zu artikulieren und ebenso die Fähigkeit,
Denkvorgänge und Zustände des Gefühls mitzuteilen. Hier nicht zuletzt
erweist sich der Roman "Tandelkeller" als ein Buch, das zeigt und
gleichzeitig zur Diskussion stellt, was dem Roman derzeit möglich
ist". Für diesen Roman erhielt Fröhlich das Stipendium des Lessing-
Preises der Hansestadt Hamburg.
In dem Hörspiel "Siebenerlei Fleisch" wird versucht, die sprachlichen
Erfahrungen aus der Welt der Eingeschlossenen stereophonisch
anzuwenden und neue Möglichkeiten der Stereophonie zu erkunden.
Produktions- und Sendedaten
- Westdeutscher Rundfunk / Bayerischer Rundfunk / Süddeutscher Rundfunk 1968
- Erstsendung: 26.12.1968 | WDR 3 | 30'30