ARD-Hörspieldatenbank

Originalhörspiel, Dokumentarhörspiel
Der Prozess Talaat Pascha
Redaktion: Ursula Ruppel
Technische Realisierung: Daniel Senger, Judith Rübenach
Regieassistenz: Iris Drögekamp
Regie: Leonhard Koppelmann
Nikolaus Jessen, Vertreter einer Fleischfabrik, wurde am 15. März 1921 Zeuge eines Mordes auf der Berliner Hardenbergstraße, in der Nähe des Bahnhof Zoo. Vor ihm ging ein Mann in grauem Ulster, ein jüngerer Mann folgte ihm, zog eine Pistole aus der Brusttasche und schoss den Herrn, wie Jessen zu Protokoll gab, "aus unmittelbarer Nähe in den Hinterkopf." Der Name des Opfers war Talaat Pascha, der des Täters Soromon Tehlerjan. Talaat Pascha, ehemaliger Innenminister des Osmanischen Reichs und türkischer Großwesir, galt als hauptverantwortlich für den Genozid an den Armeniern. Dieser erste Völkermord des 20. Jahrhunderts hatte im April 1915 mit der Verhaftung der politischen Führer und Intellektuellen in Istanbul begonnen und die systematische Vernichtung der christlich-armenischen Bevölkerung zum Ziel. In ganz Anatolien wurden die Armenier deportiert. Hunderttausende wurden auf den Märschen erschlagen, ersäuft und in Schluchten geworfen. Diejenigen, die den Terror des Wachpersonals, organisierter Banden und kurdischer Bauern überlebten, die man zum Heiligen Krieg gegen die Christen aufgehetzt hatte, verhungerten und verdursteten in den Ebenen der mesopotamischen Wüste. Einer der Überlebenden dieser Massaker war Soromon Tehlerjan, der Schütze aus der Hardenbergstraße. Der Prozess gegen den 24-Jährigen begann am 2. Juni 1921 vor dem Berliner Landgericht. Das Hörspiel von Kai Grehn zeichnet, an Hand der Gerichtsakten, den Verlauf dieses Verfahrens nach.
Kai Grehn, geboren 1969 in Grevesmühlen, studierte Theaterregie und Kulturwissenschaften. Er lebt als Schriftsteller und Regisseur in Berlin. Neben Prosa verfasste er auch einige Hörspiele und Hörspielbearbeitungen, zuletzt "Die Hochzeit von Himmel und Hölle" nach William Blake (1998) und die "Die Worte der Monelle" nach Marcel Schwob (2000).