Hörspiel

Autor/Autorin: Gabriele Wohmann

Der Fall Rufus

Regie: Hermann Naber

  • Weitere Mitwirkende

    Sprecher/SprecherinRolle/Funktion
    Wolfram WenigerJürgen Becher
    Horst Michael NeutzeSportlehrer Johann
    Ursula LangrockFrau Becher
    Ludwig ThiesenDirektor Dr. Dr. Zell
    Wolfgang WahlStudienrat Lissmann
    Isolde BräunerFrau Klausel
    Brigitte DryanderSekretärin
    Alexander NobléSiegfried Rothfang
    Friedrich Otto ScholzDr. Uhlig
    Carla BestFrau Helfrich
    Inge VeitFrau Mauz
    Erich HerrVon Hessel
    Lothar RollauerAssessor Muster
    Wolfgang LichtensteinAssessor Glanz
    Peter LakenmacherDr. Stock
    u.a.

Zu ihrem neuen stereophonischen Hörspiel, das wir zur Diskussion stellen, bemerkt die Autorin: "'Der Fall Rufus' ist ein Stück f ü r die genauere, ja die wahre und damit permanent im Angst- und Sorgezustand befindliche Sensibilität. Damit sage ich schon, w o g e g e n der 'Rufus'-Fall ist. Sofern ich überhaupt ein Schreibprogramm habe (ich will mal nicht 'Engagement' sagen), dann ist es dieses Sensibilisierungsprogramm. Ich will, schreibend, das n i c h t tun, was man in Dermatologen-Praxen Desensibilisierungskur nennt, ich will das Gegenteil von dem tun, was etwa eine Volon-Spritze gegen Heuschnupfen ausrichtet. Ich will die (obschon psychischen, mentalen) allergischen Reaktionen erheblicher machen oder gar erst hervorrufen ... Ich spreche im 'Fall Rufus' von einem ganz bestimmten Gymnasium. Ich kenne es. Ich erinnere mich an es. Ich denke an die Nazi-Zeit. Ich denke ans 'Erziehen', heute und damals, an diesen anmaßenden, überwiegend missverstandenen Vorgang, dessen sich der Erwachsene dem Nichterwachsenen gegenüber aus Tradition, bisweilen mit guten Willen und in bester Absicht, aber vielfach schädigend schematisch bedient. (Ich halte, die Überzahl der Fehler bedenkend, ein Nichterziehen für ungefährlicher, für vorsichtiger, auch liebevoller.) Die hessische Provinzhauptstadt blickt mit retrospektivem Stolz zurück auf jenes Gymnasium meines Stücks. Zum Beispiel war ja Lichtenberg mal ein Schüler, also bitte. Man verzeiht die braungefärbte Nazi-Phase, beziehungsweise durch Verschweigen scheint sie gar nicht mehr zu existieren. Schon redet man wieder aber vcn der 'Elite'. Kavaliersdelikte oder sonstwas einfach Menschliches: Man hat in SA-Uniform unterrichtet. Die Lokalpresse feiert längst erneut bei fälligen Jubiläen die militant nationalsozialistischen, nun pensionierten Leute, die Pädagogen heißen. Aber mein Stück spielt nicht in dieser Vergangenheit, sondern in ihrer gegenwärtigen Fortsetzung. Zwar tarnt sich die Gesinnung, wandelt sich ab, zugleich mit - einigem - Vokabular. Aber wie steht's mit dem Hymnus auf das Lieblingswort Leistung, mit dem Ertüchtigen, dem Sport. Mit der Verachtung jeder Version von Versagen, der hilflosen, aber gewaltigen Wut auf Einzelgängerisches? Was nicht verstanden werden kann, wird beschimpft, ausgezählt, entfernt. Daraufhin entfernte er sich so weit wie möglich und endgültig. Mit Absicht verzerre und überspitze ich, nicht hier, sondern im Stück. Von parodistischen, irrealen Brechungen verspreche ich mir, bei diesem Stoff, mehr als vom getreulich-braven Dokumentarspielton." (Gabriele Wohmann)

Quellen zum Hörspiel - © DRA/Michael Friebel

Produktions- und Sendedaten

  • Westdeutscher Rundfunk 1969
  • Erstsendung: 16.12.1969 | WDR 2 | 71'50

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