Hörspiel
Autor/Autorin:
Dieter Kühn
Die Fünf-Uhr-Marquise
Regie: Otto Düben
Weitere Mitwirkende
Sprecher/Sprecherin Rolle/Funktion Herbert Bötticher Eustache Paul Klinger Lemaitre Elisabeth Schwarz Jacqueline Dieter Borsche Marquis Dagmar Altrichter Simone Traugott Buhre Taxifahrer Wolfgang Büttner Hu Peer Schmidt Jacques Annemarie Marks-Rocke Alte Frau
"Die Marquise ging um fünf Uhr aus" - mit einem solchen Satz erklärte
Paul Valéry, könne er niemals einen Roman beginnen. An eben diese
Äußerung Valéry's erinnerte sich André Breton, als er in seinem
"Manifest des Surrealismus" sich über die Fülle von Romanen und die
Unsinnigkeit ihrer Anfänge mokierte. "Man erspart mir kein einziges
Zögern über die Person:
Soll sie blond sein, wie soll sie heißen, treffen wir sie zuerst im
Sommer?
All diese Fragen werden ein für allemal beantwortet, wie es sich eben
gerade ergibt." Und Nathalie Sarraute schreibt in ihrem Essay "Das
Zeitalter des Argwohns": "Alle (kritischen) Empfindungen des Lesers im
Hinblick auf den Roman kennt der Autor natürlich um so besser, als er
sie - da er ja oft ein recht gut unterrichteter Leser ist - an sich
selbst erfährt. Wenn er also daran denkt, eine Geschichte zu erzählen
und sich sagt, dass er unter dem spöttischen Blick des Lesers sich
entschließen muss zu schreiben; 'Um fünf Uhr verließ die Marquise das
Haus', dann zögert er, er hat nicht das Herz, nein, er kann es ganz
entschieden nicht! Und wenn er dann allen Mut zusammen nimmt und
beschließt, der Marquise nicht die Sorgfalt angedeihen zu lassen, die
der traditionelle Roman von ihm verlangt und statt dessen nur von dem
zu sprechen, was ihn heute interessiert, so stellt er fest, dass der
unpersönliche Ton, der den Bedürfnissen des alten Romans so glücklich
angepasst war, nicht geeignet ist, die vielschichtigen und gebrochenen
Zustände wiederzugeben, die er zu entdecken sucht."
Die Marquise ging um fünf Uhr aus. Was sich alles hinter diesem Satz
verbergen könnte, darüber stellt Dieter Kühn in seinem Hörspiel
Spekulationen an. Wohin geht die Marquise und warum immer um die selbe
Zeit? Diese und alle weiter sich ergebenden Fragen sind Anlass für ein
heiteres, launiges Vexierspiel, das die Marquise in wechselnden
Draperien zeigt. Die Fragen werden an- und durchgespielt, über- und
ineinandergefügt. Mit den Inhalten werden Fragmente entsprechender
literarischer Techniken und stereophone Räume dem Spiel dienlich
gemacht.
Produktions- und Sendedaten
- Westdeutscher Rundfunk 1969
- Erstsendung: 16.07.1969 | WDR 1 | 44'15