Hörspielbearbeitung
Autor/Autorin:
Heinrich von Kleist
Michael Kohlhaas
Vorlage: Michael Kohlhaas (Novelle)
Bearbeitung (Wort): Hans-Diether Meves
Komposition: Reiner Bredemeyer
Dramaturgie: Marion Rausch
Technische Realisierung: Hans Blache, Renate Goller
Regieassistenz: Lothar Hahn
Regie: Hans-Diether Meves
Weitere Mitwirkende
Sprecher/Sprecherin Rolle/Funktion Horst Hiemer Michael Kohlhaas Petra Kelling Liesbeth Klaus Manchen Herse Walter Wickenhauser Sternhald Wilfried Ortmann Luther Jörg Gudzuhn Junker von Tronka Helmut Schellhardt Eurgvogt Werner Dissel Amtmann Jochen Thomas Thomas Lothar Schellhorn Kurfürst Immo Sennewald von Meißen Friedrich Günter Kurier Hans Maikowski Zöllner Siegfried Seibt Schreiber Lothar Hahn Offiziant Dieter Knaup der Chronist
Mit einer Koppel Pferde in Sachsen unterwegs, wird der im Brandenburgischen ansässige Roßhändler Michael Kohlhaas bei der Brug des Junkers Wenzel von Tronka widerrechtlich aufgehalten: Unter dem Vorwand, er habe keinen Paß, nötigt der Burgvogt Kohlhaas auf Befehl seines Herren, zwei Rappen als Pfand zurückzulassen. In Dresden darüber belehrt, daß die Paßforderung völlig willkürlich gewesen sei, will Kohlhaas seine Rappen auf der Tronkenburg abholen, muß aber feststellen, daß die Tiere durch Feldarbeit und schlechte Unterbringung völlig heruntergekommen sind. Seine Beschwerde wird Höhnisch abgewiesen. Seinen Knecht Herse, der gegen die mißbräuchliche Verwendung der Pferde protestiert hatte, findet er, von den Bedienten des Junkers über zugerichtet, zu Hause vor. Kohlhaas verklagt den Junker beim Gericht in Dresden auf Wiederauffütterung der Rappen und Erstattung der Krankenkosten für Herse. Nahezu ein Jahr vergeht, ehe er erfährt, daß seine Klage aufgrund der Intrige zweier einflußreicher Verwandter des Junkers, Hinz und Kunz von Tronka, niedergeschlagen worden ist. "Ein richtiges, mit der gebrechlichen Einrichtung der Welt schon bekanntes Gefühl" heißt Kohlhaas nichts unversucht zu lassen, um auf ordentlichem Wege Recht zu bekommen. Doch als es ihm weder mit Hilfe der Unterstützung eines befreundeten Stadthauptmanns noch des persönlichen Einsatzes seiner Frau Lisbeth - beim Versuch, dem Kurfürsten von Brandenburg eine Petition zu überreichen, wird sie von einem Wachsoldaten niedergestoßen - gelingt, Gerechtigkeit zu erlangen, und als seine Frau an den Folgen der Verletzung gestorben ist, zögert Kohlhaas nicht länger: Mit sieben Knechten überfällt er die Tronkenburg und äschert sie ein. Der Jungker soll angeblich nach Wittenberg entflohen sein. Kohlhaas zieht mit seinem ständig anwachsenden Kriegshaufen vor die Stadt und verlangt die Auslieferung seines Feindes. Mehrmals fällt er brandschatzend in Wittenberg ein, um seiner Forderung Nachdruck zu verleihen. Seine Kampftaktik ist so unkonventionell und flexibel, daß es selbst einem 500 Mann starken Heer unter Führung Friedrichs von Meißen nicht gelingt, das Häuflein des, wie er sich pathetisch nennt, "Statthlters Michaels, des Erzengels", zu besiegen. Während man in Dresden kopfscheu die nächsten Schritte berät, verfaßt Martin Luther einen flammenden Aufruf an Kohlhaas, worin er ihn als einen Frevler wider Gott und die Obrigkeit anprangert. Es kommt zu seinem heimlichen Gespräch zwischen dem Reformator und dem Mordbrenner, mit dem Ergebnis, daß Luther beim Kurfürsten von Sachsen eine Amnestie für Kohlhaas erwirkt. Sofort entläßt sieser seine Spießgesellen, begibt sich nach Dresden, wo nun endlich seiner Klage gegen den Junker stattgegeben werden soll. Beim Wiederaufrollen seines Falles ergeben sich unvorhergesehene Schwierigkeiten. Nach einer für die Tronkas schmachvollen Szene auf offenem Marktplatz triumphieren diese und ihre einflußreichen Freunde bei Hof erneut mit einer Reihe von Winkelzügen über das unbeirrbare Rechtsgefühl des Roßkamms: Er geht in eine Falle und wird in den Kerker geworfen: Zwar setzt der Kurfürst von Brandenburg, sein für ihn zuständiger Landesherr, seine Auslieferung durch, doch da der sächsische Hof inzwischen den Kaiser in Wien angerufen hat, erhält der Fall Kohlhaas auch für die Obrigkeit in Berlin die Bedeutung eines mit Strenge zu statuierenden Exempels. Obwohl zum allgemeinen Erstaunen kein geringerer als der Kurfürst von Sachsen plötzlich alle Hebel in Bewegung setzt, um das Leben des Mannes zu retten, gegen den er wortbrüchig geworden ist, wird Kohlhaas zum Tode verurteilt. Der Kurfürst hatte herausgefunden, daß Kohlhaas eine Kapsel bei sich trägt, in der sich ein für die Geschicke seines Hauses hochbedeutsamer Zettel befindet. (Einst hatte er sich in Begleitung vom Kurfürsten von Brandenburg in einem Marktflecken von einer Zigeunerin weissagen lassen. Diese hatte ihre Prophezeiung jedoch vor ihm verheimlicht, auf einen Zettel geschrieben und ihm bedeutet, nur von dem Mann mit dem Federhut, den er dort vor den Kircheneingang stehen sehe, könne er den Zettel einlösen. Bei dem Mann mit dem Federhut handelte es sich um niemand anders als Kohlhaas, dem die Alte den Zettel mit der Bemerkung zusteckte, er werde ihm "dereinst das Leben retten".)
Als Kohlhaas zum Schafott geführt wird, erkennt er in der Menge den Kurfürsten, der sich verkleidet und inkognito in Berlin aufhält, tritt auf ihn zu und verschlingt, indem er den verhaßten Souverän unverwandt anblickt, den ominösen Zettel, nicht ohne ihn vorher gelesen zu haben. Dann läßt er sich widerstandslos enthaupten. Zuvor darf er noch seine wohlgenährten Rappen in Augenschein nehmen und zu seiner Genugtuung erfahren, daß seiner Klage gegen den Junker stattgegeben worden ist. Der Kurfürst von Brandenburg erweist dem rechtschaffenen Verbrecher nachträglich seine Reverenz: Er schlägt seine beiden kleinen Söhne zu Rittern und gibt sie auf eine Pagenschule.
Produktions- und Sendedaten
- Rundfunk der DDR 1976
- Erstsendung: 23.01.1977 | Radio DDR I | 20:00 Uhr | 54'31
Im Deutschen Rundfunkarchiv verfügbar