Hörspielbearbeitung
Autor/Autorin:
Rolf Hochhuth
Soldaten – Nekrolog auf Genf
Vorlage: Soldaten. Nekrolog auf Genf (Theaterstück)
Bearbeitung (Wort): Bernd Grashoff
Technische Realisierung: Hans Greb, Irene Thielmann
Regieassistenz: Hans Eichleiter
Regie: Peter Schulze-Rohr
Weitere Mitwirkende
Sprecher/Sprecherin Rolle/Funktion Heinz Klevenow Dorland, Regisseur Hans Michael Rehberg Sein Sohn, Oberleutnant der RAF Eberhard Müller-Elmau Steinmetz Wolfgang Reichmann S.M. Premierminister Robert Michal Sikorski, Polens Premierminister Paul Verhoeven Bischof von Chichester Gert Keller Brooke, Chef des Empire-Generalstabs Kurt Lieck Baron Cherwell Klaus Schwarzkopf Clark, Group-Captain des Bomberkommandos Fritz Wepper Kocjan, Hauptmann der Warschauer Untergrundarmee Gisela Zoch Helen, Leutnant des Women's Royal Naval Service Hannes Messemer Luftmarschall Harris Harry Kalenberg Deutscher Offizier Hans Korte Französischer Offizier Hans Clarin Japanischer Offizier Horst Sachtleben Britischer Offizier Joachim Wichmann Tonmeister der BBC Claudia Bethge Hellmut Lange Christoph Quest Fritz Strassner Sprecher
Der britische Premier Winston Churchill steht im Mittelpunkt des Dramas,
mit dem der Autor für eine internationale Luftkriegskonvention eintritt.
Churchills Auseinandersetzung mit dem amerikanischen Bischof Bell über den
totalen Bombenkrieg gegen Deutschland ist zentrale Handlung. Der Autor
vertritt die These, Churchill habe zugelassen, daß der polnische
Exilpremier Sikorski im Interesse des britischen Kriegsbündnisses mit
der Sowjetunion vom britischen Geheimdienst in einem geschickt
inszenierten Flugzeug-"Unfall" umgebracht wurde. (Pressetext des Hessischen Rundfunks)
Wie bereits nach der Uraufführung von Hochhuths erstem Bühnenstück "Der Stellvertreter" (1963) reichten auch die Kritiken über "Soldaten" von begeisterter Zustimmung bis zu erbitterter Ablehnung.
Man lobte den mitreißenden moralischen Zorn des Autors, seine bohrende Aufrichtigkeit, sein Talent für die pointierte Zuspitzung eines dramatischen Konflikts. Aber man warf ihm auch vor, seine historischen Quellen zu vernebeln (wichtige Dokumente zum Beweis einiger von ihm aufgestellter Behauptungen will er noch 50 Jahre im Safe einer Züricher Bank geheimhalten lassen); man verübelte es ihm, daß er die Vergangenheit anderer Völker, nicht die des eigenen Volkes zu bewältigen suche; man rügte schließlich, daß der Autor in einer Zeit der anonymen Verwaltungsapparate den historischen Prozeß immer noch von den Entscheidungen hervorgehobener Einzeltäter herleiten zu können glaubt. Doch wie Immer die literarische Kritik urteilen mag — allmählich zeichnet sich für "Soldaten" ein internationaler Erfolg ab, der dem von Hochhuths erstem Bühnenstück mindestens nahekommen wird. Das Werk ist aber nicht nur ein kulturelles, sondern auch ein politisches Ereignis, ln England, wo die Aufführung des Stücks bis heute verboten ist, wurde ein Untersuchungsausschuß beauftragt, die Vorfälle, die zu dem Tod des polnischen Exilministerpräsidenten Sikorski führten, zu überprüfen. In mehreren europäischen Länderparlamenten kam es nach den Aufführungen zu Anfragen, wie weit für den Kriegsfall der Schutz der Zivilbevölkerung durch internationale Abmachungen gesichert sei.
Hochhuths Stück (Uraufführung: Berlin 1967) war geplant als Manifest gegen den Bombenkrieg. Im Untertitel "Nekrolog auf Genf" verbirgt sich eine Anklage gegen das Rote Kreuz, das die Genfer Konvention bis heute nicht um einen Passus zu erweitern vermochte, der die Bombardierung von Zivilisten ebenso ächtet wie z. B. die Erschießung von Gefangenen. In der Beschäftigung mit seinem Stoff scheint der Autor jedoch mehr und mehr durch jene Person fasziniert worden zu sein, die mit dem Thema Bombenkrieg unlösbar verbunden ist: Winston Churchill. Thema wurde damit die verantwortungsbeladene Persönlichkeit im Konflikt zwischen Macht und Moral. Jene Bombenteppiche, die für die Bewohner der deutschen Großstädte in den letzten Kriegsjahren Brand und Verderben brachten, mußten in den Augen des Strategen Churchill zugleich eine Verkürzung des Krieges und damit eine Verringerung der Opfer auf der eigenen Seite bedeuten. Wie war in diesem Konflikt eine "saubere" Lösung möglich? Das ist die Frage, um die es schließlich In Hochhuths Stück geht.
"Autoren müssen das schlechte Gewissen Ihrer Nation artikulieren, weii die Politiker ein so gutes haben": Theater bedeutet also für den heute 37jährigen Autor "moralische Anstalt" - ganz Im Sinne Schillers, der den "Frevel der Mächtigen" vor den "schrecklichen Richterstuhl der Schaubühne gezerrt" wissen wollte "zum schauervollen Unterricht der Nachwelt".
Ein wesentliches Element In Hochhuths Konzeption sind die Regieanweisungen und Zwischentexte seines Stücks, die — ähnlich wie bei G. B. Shaw — nicht selten zu detailliert analysierenden historischen Exkursen auswachsen. Die Hörspielfassung kann von diesem "Hintergrundmaterial" mehr als jede Bühnenaufführung zur Kenntnis bringen. (Pressetext des Bayerischen Rundfunks)
Produktions- und Sendedaten
- Bayerischer Rundfunk / Hessischer Rundfunk 1969
- Erstsendung: 07.04.1969 | Bayern 2 | 141'20