Originalhörspiel
Autor/Autorin:
Peter O. Chotjewitz
Das Rätselhafte an Herrn Siegwart
Regie: Heinz von Cramer
Weitere Mitwirkende
Sprecher/Sprecherin Rolle/Funktion Horst Michael Neutze Herr Siegwart Marianne Lochert Frau Siegwart Matthias Ponnier Sprecher
Mit den verselbständigten Formen und Mitteln des Hörspiels etwas
darzustellen versucht, das der Wirklichkeit entstammt und weitgehend
bekannt ist. Formen - das meint auch die ausschließliche Verwendung
des altbekannten inneren Monologes, den ich aber dadurch etwas
verändert habe, dass er sich nicht den Anschein gibt, ein innerer
Monolog zu sein, der tatsächlich gehalten werden kann. Der innere
Monolog war ja auch so ein verlogener Einfall. So wie die Autoren in
den 50er und frühen 60er Jahren innerlich monologisierten, hat niemand
je mit sich selber gesprochen. Das sähe ganz anders aus. Also: Ich
habe ganz darauf verzichtet, einen glaubwürdigen inneren Monolog zu
schreiben. Den inneren Monologen meines Stückes merkt man an, dass ich
sie selber geschrieben habe. Mittel - damit meine ich insbesondere die
starke Verwendung von Geräuschen, nicht nur als Untermalung und
Illustration, sondern als selbständiges Ausdrucksmittel. Ich finde,
dass in den Hörspielen immer noch viel zu viel geredet wird. Ich habe
nun, um Kriterien für die Auswahl von Sprache und Geräuschen zu
finden, eine Geschichte ausgewählt, die mich interessiert:
Ein Mann wird geweckt, aber er möchte gerne im Bett bleiben. Er steht
auf, putzt sich die Zähne, frühstückt und geht zur Haltestelle, wo er
auf den Bus wartet. Während er wartet, saugt seine Frau zu Hause Staub
und er träumt davon, ein Motorrad zu besitzen. Dann kommt der Bus. Er
fährt zur Arbeit, beobachtet die Kollegen, die mit ihm die Fabrik
betreten und dann hört er nur noch den Krach der Fabrik. Einmal kommt
der Fabrikinhaber durch, da werden die Maschinen vorübergehend
abgestellt. Dann ist Mittagspause in der Kantine und nachmittags
geht's weiter. Nachmittags geht auch seine Frau arbeiten, abends geht
er noch auf die Reeperbahn oder zur dicken Wirtin und zum Schluss
schleppt er ein Mädchen ab, weil seine Frau ihm nicht mehr so liegt.
Ich hätte auch eine andere Geschichte nehmen können. Auch dabei hätte
ich aber darauf geachtet, eine wahre Geschichte zu erfinden, die es
mir gestattet, ausführlich meine zwei formalen Absichten zu
realisieren: Eine bestimmte Art von inneren Monologen führen zu lassen
und Gelegenheit zu haben, verschiedenartige Geräusche als selbständige
Ausdrucksmittel einzusetzen.

Produktions- und Sendedaten
- Westdeutscher Rundfunk 1972
- Erstsendung: 28.06.1972 | WDR 1 | 43'50