Originalhörspiel
Autor/Autorin:
Guntram Vesper
Ostrand – Ein Prospekt
Regie: Oswald Döpke
Weitere Mitwirkende
Sprecher/Sprecherin Rolle/Funktion Günter Strack Masch Herbert Fleischmann Erzähler Wolfgang Forester Lothar Ostermann Werner Rundshagen
Das Hörspiel "Ostrand" ist die Geschichte eines Falles, genauer: Die
Sammlung von Pointen zu einem Falle von komplexer Dissozialität.
Erzählt werden markante Stationen aus dem Leben des Karl Friedrich
Masch, aus zeitgenössischen Berichten und Akten rekonstruiert. Dieser
Masch hauste von 1856 bis 1861 in zwei Höhlen, die er in den
Grenzwäldern von Pommern und Westpreußen gegraben hatte, beging
Diebstähle, Brandstiftungen und Morde.
"Ein schizophrenes Bewusstsein", schreibt Guntram Vesper
kommentierend, "könnte uns all zu schnell geneigt machen, über den
monströsen Taten die Hintergründe des Falls zu vergessen und Masch als
'Untier' zu denunzieren. Dies ist eine Folge der bürgerlichen
Rechtsidee vom individualradikalen Unhold. In die gleiche, freilich
vulgarisierte Kerbe schlagen unsere Groschenblätter. Ich bin aber der
Meinung, dass, wenn wir uns das Milieu Masch's und die
gesellschaftspolitischen Verhältnisse der Zeit zwischen Paulskirche
und Reichsgründung ansehen, er als ein Opfer jener Gesellschaft
deutlich wird, gegen die er sich, ohne eigene Schuld auf der Schwelle
des Bewusstseins festhalten, bewusstlos wütend wendet. Dies die
Richtung, in der sich mit der Figur eines Masch auch in der Gegenwart
operieren lässt; je schärfer, je bedingungsloser (was, auf unser Land
bezogen, nicht heißen muss: Je offen) der Kampf innerhalb einer
Gesellschaft von den Herrschenden geführt wird, desto mehr Individuen
landen in der Senkgrube der Assozialität. Karl Friedrich Masch, ein
'Auswurf', darf kein Alibi, er muss ein Exempel sein."
Weitere Informationen
Guntram Vesper, 1941 in Frohburg in Sachsen geboren, kam 1957 nach Westdeutschland, war zunächst als Industrie-, Land- und Bauarbeiter tätig und studierte anschließend Germanistik und Medizin in Gießen und Göttingen, wo er heute lebt. Er veröffentlichte drei Gedichtbände; sein erster Prosaband "Kriegerdenkmal ganz hinten" erschien im Frühjahr 1970 im Hanser Verlag. Vesper schrieb die Hörspiele "Porträt einer Kongruenz" und "Verhörspiel Guter Mensch". 1968 erhielt er den literarischen Förderpeis des Niedersächsischen Kunstpreises und 1970 einen Preis der Kurt-Magnus-Stiftung der ARD. (Historischer Pressetext)
Produktions- und Sendedaten
- Westdeutscher Rundfunk 1970
- Erstsendung: 08.12.1970 | WDR 2 | 39'34