Hörspielbearbeitung
Autor/Autorin:
Johann Wolfgang von Goethe
Wilhelm Meisters theatralische Sendung (1. Teil)
Vorlage: Wilhelm Meisters theatralische Sendung (Roman)
Bearbeitung (Wort): Walter Andreas Schwarz
Komposition: Konrad Elfers
Regie: Otto Kurth
Weitere Mitwirkende
Sprecher/Sprecherin Rolle/Funktion Walter Andreas Schwarz Erzähler Heinz Stöver Meister Klausjürgen Wussow Wilhelm Fränze Roloff Mutter Robert Seibert Puppenstpieler/Lieutenant Heidi Treutler Marianne Maria Madlen Madsen Schneiderin u.a.
Ein Schüler brachte 1909 seinem Lehrer Gustav Billeter in Zürich eine Handschrift, die seit Jahren im Schreibtisch seines Vaters lag. Damit war (in einer Abschrift) das Fragment "Wilhelm Meisters theatralische Sendung" gefunden, das bei der Erschließung des Goethe-Archivs im Jahre 1885 vergeblich gesucht worden war und das so wichtige Aufschlüsse über den Dichter selbst und über den späteren Bildungsroman "Wilhelm Meisters Lehrjahre" gibt.
Wir haben den Theaterroman dem Bildungsroman vorgezogen, weil er noch wenig bekannt ist und sich einer akustischen Version anbietet. Goethe hat seinen "Ur-Meister" zumindest zu großen Teilen diktiert; der mündliche Vortrag ist dem Werk natürlich; die Sprache verlangt eher den Hörer als den Leser. Darüber hinaus war Goethe der Meinung, daß der Rhapsode am allerbesten "hinter einem Vorhang" läse. Das ist eine zeitgenössische Vorwegnahme der viel weitergehenden Möglichkeiten des Rundfunks. Ohne den Text des Dichters zu verfälschen, ist es möglich, ihn mit Hilfe von Stimmen zu verlebendigen. Die Ergänzung der reinen Erzählung durch Stimmen und Geräusche steht der epischen Konzeption, die die Einbildungskraft des Hörers oder Lesers beansprucht, nicht entgegen. Stimmen und Geräusche sind als akustische Erscheinungen voll sinnlich und doch spirituell wie die gesprochene Sprache, die Goethe kaum je wieder mit solcher Nonchalance und doch so vom Gegenstand ergriffen gehandhabt hat.
In den Jahren, als er die "Sendung" schrieb, stand er dem Theater besonders nah. Er betrat noch selbst als Schauspieler die Bühne und ist in nahezu zwei Dutzend verschiedener Rollen aufgetreten, was wunder, daß der Roman viel Biographisches und Szenisches enthält. Das geht bis in Einzelheiten. Den dreimal im Roman erwähnten grünen Teppich der Belsazar-Bühne hat es wirklich gegeben (für eine Aufführung von Goethes "Iphigenie"). Die Rechnung lautet: "Eine Fußdecke von grünen Halb Friß hierzu 83 Ellen verwendet worden 7 Blat breit".
So breitet der Roman die ganze Welt des Theaters vom Puppenspiel bis zur hohen Kunst des Schauispiels aus, zugleich wird die Welt des frühen 18. Jahrhunderts gegenwärtig, der Übergang vom Feudalismus zur bürgerlichen Epoche. Mit der Emanzipation des Schauspielers, für die nicht zuletzt Goethe die Argumente geliefert hat, geht die des Bürgers Hand in Hand. Gesehen werden sie als Emanzipation des Menschen überhaupt.
Produktions- und Sendedaten
- Hessischer Rundfunk / Westdeutscher Rundfunk 1967
- Erstsendung: 06.11.1967 | hr2 | 74'20