Hörspielbearbeitung
Autor/Autorin:
Jonathan Swift
Gullivers Reisen (4. Teil)
Vorlage: Gullivers Reisen (Roman, englisch)
Übersetzung: Kurt Heinrich Hansen
Bearbeitung (Wort): Otto Kurth
Regie: Otto Kurth
Weitere Mitwirkende
Sprecher/Sprecherin Rolle/Funktion Michael Degen Gulliver Wolfgang Reichmann Sympson Hansjörg Felmy Apfelschimmel Norbert Kappen Fuchs Sylvia Springer Edgar Bamberger Heinz von Cleve Ferdinand Muth Karl-Heinz Ullmann Klaus Wirbitzky
In der St.-Patricks-Kathedrale zu Dublin befindet sich eine
lateinische Grabinschrift: "Der Körper von Jonathan Swift, Dr. theol.,
Dekan dieser Kathedralkirche, ruht hier, wo wilde Entrüstung sein Herz
nicht mehr zerreißen kann. Geh, Wanderer und eifere, wenn du kannst,
dem mit äußersten Kräften bemühten Kämpfer für die Freiheit nach." Der
selbstverfasste Grabspruch des Dichters (1667 bis 1745) ist ein
Schlüssel zu Leben und Werk dieses schwierigen und unbequemen Mannes -
auch zu "Gullivers Reisen". Zu Swifts eigener Überraschung hielt
dieses einzigartige Werk der Weltliteratur nicht nur in den
politischen und literarischen Zirkeln seines Jahrhunderts
erfolgreichen Einzug, sondern auch in den Kinderstuben, für die der
vierteilige Roman nicht gedacht war.
Mit dem Sturz der Tories und damit auch dem seines Gönners und
Vertrauten, des mächtigen Viscount Bolingbroke, endete Swifts
vierjähriger politischer Einfluss in England. Immer wieder wurde ihm
die grüne Insel Irland, das Land seiner Geburt und seines Todes,
ungeliebtes Asyl. Hier wurde er schließlich, was er keineswegs
angestrebt hatte, als irischer Patriot gefeiert, denn in seinem
unbeirrbaren Streben nach Gerechtigkeit und Freiheit machte er den
Kampf um die Befreiung Irlands mit demagogischer Eindringlichkeit zur
eigenen Sache.
Bolingbroke zu Ehren und den Menschen und ihrer Maßlosigkeit zur
Warnung schrieb er in Irland "Gullivers Reisen" - ein Buch, das sich,
oberflächlich betrachtet, als Reisebericht anbot, wie es damals die
Mode war und das nach einiger Purifizierung auch den Kindern Freude
bereitete. Bei genauerem Hinsehen aber entpuppte sich dieser vielfach
getarnte "Reisebericht" in seiner märchenhaften Buntheit bald als
böser Schlüsselroman, dessen Allegorien auch uns modernen Menschen,
selbst ohne spezielle Kenntnis der geschichtlichen Vorgänge, zeitlos
nützlich geblieben sind. Swifts ständig wiederkehrendes Hauptthema
handelt vom "Hochmut als der wahren Verderbnis der Menschen". "All'
seine Liebe war Hass und all' sein Hass war Liebe", heißt es. Und in
einem Brief an seinen Zeitgenossen Pope schreibt er über die
"Philosophie des Menschenhasses", die seinem Roman "Gullivers Reisen"
zugrunde liegt: "Ich habe immer alle Nationen, Berufe und
Gemeinschaften gehasst und alle meine Liebe hat immer Individuen
gegolten # vor allem hasse und verachte ich das Tier, das man Mensch
heißt, obwohl ich von Herzen Peter, Johann und Thomas liebe."
Produktions- und Sendedaten
- Westdeutscher Rundfunk 1966
- Erstsendung: 28.10.1966 | WDR 2 | 47'20
Veröffentlichungen
- CD-Edition: Patmos Verlag (vergriffen)