Originalhörspiel

Autor/Autorin: Jean Thibaudeau

Schlachtgemälde

übersetzt aus dem Französischen

Übersetzung: Gerda Scheffel
Komposition: Enno Dugend

Regie: Friedhelm Ortmann

  • Weitere Mitwirkende

    Sprecher/SprecherinRolle/Funktion
    Wolfgang ReichmannWerber
    Lola MüthelFrau
    Hannes MessemerReporter
    Günther NeutzeReporter
    Anne RottenbergerJunges Mädchen
    Paul HoffmannKommandeur
    Rudolf Jürgen Bartsch
    Ernst Jacobi
    Bum Krüger
    Norbert Kappen
    Günther Tabor

Der grandiose Schein des Krieges und seine widernatürliche Verherrlichung wird entlarvt: Poetisch ausbalancierte, monologische Partikel umkreisen und beleuchten in impressionistischer Weise den Gang einer Schlacht und die verschiedenen Phasen des Gemetzels, ohne dass ein durchgehender Handlungsfaden die scheinbar zersprengten Teile durchzieht. Vor allem durch die idyllisch anmutenden Passagen entlarvt der Autor den Krieg als die schrecklichste Verblendung des menschlichen Geistes. Thibaudeaus Collage demaskiert in kaleidoskopartiger Verschiebung der Blickwinkel die ästhetisch verbrähmte Ideologie des Krieges, die sich nicht zuletzt mit der verbrecherischen Devise vom Krieg als einer Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln tarnt. Gerade in der distanzierten Poesie des Kriegsspiels ist der zynische Stachel verborgen, das Gift des Dichters. Jean Thibaudeau beschäftigte sich intensiv mit der Rolle der Avantgarde-Literatur im Sozialismus und zählte zu den bekanntesten Schriftstellern der französischen Linken der 60er Jahre. Sein Buch "Mai '68 in Frankreich" wurde in mehrere Sprachen übersetzt. Einige seiner lyrischen Texte fanden Eingang in das Projekt "Politics- Poetics" der documenta X. (Internettext) Wie das Werk vieler französischer Schriftsteller der jüngeren Generation sind auch die Arbeiten des in Deutschland immer noch wenig bekannten Dichters Jean Thibaudeau vom "noveau roman" beeinflusst. Seine Hörspiele zeigen jedoch eine unverwechselbare Handschrift und sind nicht so leicht einzuordnen. Das poetische Element überwiegt, freilich nicht im Sinne einer unkontrollierbaren, gefühlvollichbezogenen Schreibweise, sondern eher in der Art einer quasiobjektiven Darstellung schillernder, konkret nicht fassbarer Lebensbereiche. In einem atmosphärischen Netz von Assoziationen, die neue Assoziationen wecken, versucht er Klima und Essenz der anvisierten Komplexe einzufangen, ohne sie analytisch zu bestimmen. Die Analyse erfolgt gewissermaßen auf synthetischem Wege. Wie er in seinem ersten Hörspiel "Die Fußballreportage" die Elemente des Fußballspiels und seine ästhetische Ausstrahlung im Medium seiner Sprache kondensierte, bannte er in "Zirkus" Wesen und Atmosphäre dessen, was sich in der Erscheinungen Flucht unter dem Zirkuszelt ereignet. Während er auch in "Théatre imaginaire" einen künstlerischen Lebensbezirk in der gleichen formalen Manier poetisch um- und einkreiste, ist das Engagement des Dichters in "Schlachtgemälde" (Bataille") erstmalig politisch orientiert. Auch dieses Hörspiel setzt sich nach vergleichsweise impressionistischem Muster aus poetisch ausbalancierten, monologischen Partikeln zusammen, die den Gang der Schlacht und die verschiedenen Phasen des Gemetzels implizieren, ohne dass ein durchgehender handlungsfaden die scheinbar zersprengten Teile durchzieht und verbindet: Ein durchsichtiges Geflecht aus fragmentarischen Reflexionen, Schilderungen, strategischen Anmerkungen und Stimmungsbildern, die zugleich den grandiosen Schein des Krieges zerstören und seine widernatürliche Verherrlichung brandmarken. Vor allem durch die idyllisch anmutende Passagen entlarvt er diese schrecklichste Verblendung des menschlichen Geistes. Thibaudeaus poetische Collage demaskiert in kaleidoskopartiger Verschiebung der Blickwinkel die ästhetisch verlarvte Ideologie des Krieges, die sich nicht zuletzt mit der verbrecherischen Devise vom Krieg als einer Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln tarnt. Gerade in der distanzierten Poesie des Kriegsspiels ist der zynische Stachel verborgen, das Gift des Dichters. . Dieses Hörspiel ist für die Sendereihe "Hörspiel in der Diskussion" im 3. Programm vorgesehen.

Quellen zum Hörspiel - © DRA/Michael Friebel

Produktions- und Sendedaten

  • Westdeutscher Rundfunk 1966
  • Erstsendung: 26.10.1966 | 58'50

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